EKD-Ratsvorsitzender zu Besuch bei Flüchtlingen

Bedford-Strohm: „Wer verzweifelt ist, findet seinen Weg“

 Bei den Flüchtlingen im ungarischen Bicske: Cornelia Füllkrug-Weitzel (Zweite v.l.) und Heinrich Bedford-Strohm (Dritter v.l.)
Bei den Flüchtlingen im ungarischen Bicske: Cornelia Füllkrug-Weitzel (Zweite v.l.) und Heinrich Bedford-Strohm (Dritter v.l.)© Christoph Püschner/Diakonie Katastrophenhilfe

14. September 2015 von Timo Teggatz

Röszke. Grenzkontrollen dürfen nur eine Notmaßnahme bleiben, mahnt der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm. Der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten reist durch Ungarn und Serbien – und ist entsetzt über den Zustand der Flüchtlingsunterkünfte. Ein Besuch vor Ort.

Beißender Gestank liegt in der Luft, Müllberge stapeln sich, Kinder weinen, einige Menschen verrichten ihre Notdurft: In Röszke an der ungarisch-serbischen Grenze drängen derzeit Tausende Flüchtlinge in die Europäische Union. Während sich am Sammelpunkt auf ungarischer Seite eine lange Schlange mit Hunderten von Flüchtlingen bildet, die auf ihre Weiterfahrt mit dem Bus warten, sieht man von weitem schon unzählige weitere Flüchtlingsgruppen näherkommen.

Die Menschen hoffen auf ihre letzte Chance, denn Ungarn will in den kommenden Tagen diesen letzten noch offenen Teil an der Grenze zu Serbien schließen. Und auch die Bundesregierung hat am Sonntagabend angesichts des Flüchtlingsandrangs die Reißleine gezogen: Der Zugverkehr von und nach Österreich wurde eingestellt. Außerdem gibt es vorübergehend Grenzkontrollen, Schwerpunkte sind die bayerisch-österreichischen Grenzübergänge.

"Das Dublin-System hat versagt"

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bayerns Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, reist durch Ungarn und Serbien, um sich ein Bild von der dortigen Lage zu machen. Eine Station der zweitägigen Reise ist Röszke. Begleitet wird er unter anderem von Cornelia Füllkrug-Weitzel, der Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe. Abschottung, egal ob in Ungarn oder in Deutschland, halten beide für das falsche Mittel in der Flüchtlingspolitik.

Grenzkontrollen dürften nur eine Notmaßnahme, eine Atempause in einer Krisensituation sein, mahnt Bedford-Strohm. "Aber es kann nie und nimmer dazu führen, dass sich Deutschland seiner Pflicht entzieht, mitzuhelfen, Flüchtlinge würdig zu empfangen." Das Selbstverständnis der EU würde mit Füßen getreten, wenn sich Europa wie eine Festung gegenüber anderen abschottet. "Wer verzweifelt ist, findet seinen Weg. Wenn man in Ungarn diesen Zaun baut, dann werden die Menschen sich andere Routen nach Europa suchen." Das Dublin-System habe ohnehin versagt, besser dagegen sei die Idee, die Flüchtlinge nach einer Quote auf alle EU-Länder zu verteilen.

Keine falschen Hoffnungen

Nach einem Rundgang durchs Lager ist Bedford-Strohm und Füllkrug-Weitzel die Fassungslosigkeit anzumerken. Das zu sehen, sei bedrückend, sagt der Bischof. Cornelia Füllkrug-Weitzel wird deutlicher: Ungarn komme in keiner Weise seinen Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und den EU-Bestimmungen nach. Die Regierung kümmere sich nicht darum, dass die Flüchtlinge mit dem Nötigsten versorgt werden, etwa mit Essen und Trinken. Sie überlasse diese Aufgabe ausschließlich privaten Initiativen, also Ehrenamtlichen.

Dann laufen die beiden auf den Gleisen entlang, den ankommenden Flüchtlingen entgegen. Viele sind erschöpft, einige freuen sich aber sichtlich, die Grenze zu Ungarn passiert zu haben. Von allen Seiten schallt ihnen ein "Hello" entgegen oder ein "How are you?" Viele Flüchtlinge wollen wissen, was nun passiert, ob die ungarische Polizei sie gut behandelt und ob es sich lohnt, nach Deutschland zu gehen. "Ihr habt ja schon so viele aufgenommen", sagt Hamed Mohammedi, ein 20-jähriger Afghane, der zusammen mit seiner Mutter aus dem Iran geflohen ist.

Heinrich Bedford-Strohm will den Menschen keine falschen Hoffnungen machen: In Deutschland sei die Situation sehr schwierig, weil schon so viele Flüchtlinge gekommen seien und es die Deutschen allmählich mit der Unterbringung nicht mehr schafften. Es sei nicht möglich, dass alle nach Deutschland kommen. Hamed Mohammedi sagt kurzerhand, dass er dann eben in Österreich bleibe, das sei auch ein schönes Land. Akrem Abdullah aus Syrien nickt zwar verständnisvoll, ruft dann aber weiter "Germany, Germany" und "Angela Merkel is our Mama". Deutschland bleibt sein Paradies.

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