„Das Wesen des Christentums ist von Anfang an interkulturell”
27. August 2018
Rund 140 haupt- und ehrenamtlich Engagierte aus der Nordkirche haben am 27. August bei der „Zukunftskonferenz zur interkulturellen Öffnung in der Nordkirche“ beraten, wie die Kirche die Vielfalt an Kulturen und Religionen in der Gesellschaft stärker in den Blick nehmen kann. An der Konferenz nahmen auch Bischöfin Kirsten Fehrs und Landesbischof Gerhard Ulrich teil.
Die Überlegungen und Anregungen sollen in ein Gesamtkonzept einfließen. „Interkulturalität ist für die Kirche nie etwas Fremdes gewesen”, betonte Landesbischof Gerhard Ulrich: „Sie ist dem Wesen des christlichen Glaubens von seinen Anfängen an eingeschrieben. Das Evangelium vom gnädigen Gott beschränkt sich nicht auf eine Region oder Tradition, sondern spricht in jede Kultur hinein, gilt jedem Menschen.“
Bei dem Prozess, den die Nordkirche anstoße, gehe es „nicht um eine naive Hinwendung zu anderen Kulturen und Religionen“, sondern um eine Auseinandersetzung mit eigenen Traditionen, die für andere ebenfalls fremd sind: „Die Sehnsucht nach klar abgrenzbarer, christlicher Kultur wächst zwar aus der Angst, sich in der Vielfalt der Kulturen zu verlieren. Sie wurzelt aber vor allem auch im Nicht-Wissen um die je eigene Kulturgeschichte.“ Interkulturelle Öffnung setze Profilschärfung voraus, so Ulrich.
Bischöfin Fehrs: Wir sind Kirche für die ganze Gesellschaft
Bischöfin Kirsten Fehrs hob hervor: „Unser Land verändert sich. Inzwischen hat jeder dritte Hamburger einen Migrationshintergrund. Damit muss auch unsere Kirche sich verändern, wenn sie ihren Auftrag ernst nehmen will. Wir sind Kirche für die ganze Gesellschaft, unsere christliche Botschaft und unser Tun sollen alle Menschen erreichen – unabhängig von Sprache und Kultur. Wenn wir hier Hürden abbauen und Türen öffnen, wird das auch uns bereichern. Integration ist auch ein gegenseitiger Prozess.“
Die biblische Tradition der Begegnung mit Fremden und die Teilhabe für alle Menschen als Wesensmerkmal der Kirche haben bereits zu interkultureller Öffnung in Kirche und Diakonie geführt. Die Nordkirche ist mit über dreißig Partnerschaften in ein weltweites christliches Netzwerk eingebunden. Haupt- und Ehrenamtliche engagieren sich in Partnerschafts- und Weltladen-Gruppen, zu Themen wie Flucht, Migration, Ungerechtigkeit und Rassismus. Mitarbeitende der Nordkirche, darunter auch junge Freiwillige, die sich aussenden lassen, sind in Arbeitseinsätzen und Stipendienprogrammen in Partnerkirchen tätig und erwerben wertvolle interkulturelle Kompetenzen. Im Rahmen von Süd-Nord-Programmen arbeiten Menschen aus Partnerkirchen in der Nordkirche.
Nordkirche fördert pastorale Begleitung internationaler Gemeinden
Die Zahl der Pastorinnen und Pastoren mit eigenen Migrationserfahrungen im Dienst der Nordkirche wächst. Neben dem Engagement Haupt- und Ehrenamtlicher für Geflüchtete spielt kulturelle Diversität auch in anderen kirchlichen Arbeits- und Lebensbereichen eine immer größere Rolle, zum Beispiel in evangelischen Kindertagestätten, Krankenhaus- und Gefängnisseelsorge sowie Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Beerdigungen. Einheimische und internationale Gemeinden arbeiten zusammen; die Nordkirche fördert die pastorale Begleitung internationaler Gemeinden auf ihrem Gebiet.
„Wir müssen uns fragen, wie wir unsere Kirche gestalten wollen”
„Angesichts unserer heutigen bunten, vielfarbigen, vielsprachigen und multikulturellen Gesellschaft müssen wir uns fragen, wie wir unsere Kirche heute leben und gestalten wollen. Der reiche Schatz an internationalen Beziehungen zu vielen Partnerkirchen in anderen, oft sehr multikulturellen und multireligiösen Regionen der Welt, kann uns dabei Hilfe und Orientierung bieten“, erläuterte Dr. Klaus Schäfer, Direktor des Zentrums für Mission und Ökumene in der Nordkirche.
Breites Spektrum christlicher Kirchen im Norden
In den vergangenen Jahren ist durch Zuwanderung und Migration das christliche Leben auch auf dem Gebiet der Nordkirche vielfältiger geworden: In Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern feiern unter anderem griechisch-, russisch- und serbisch-orthodoxe Gemeinden regelmäßig ihren Gottesdienst. Es gibt sie zum Beispiel in Hamburg, Lübeck, Kiel und Schwerin. Gerade die rumänisch- und die bulgarisch-orthodoxen Gemeinden erleben zurzeit ein großes Wachstum. Daneben sind auch orientalisch-orthodoxe Kirchen präsent. Zu ihnen gehören äthiopische, koptische, armenische und syrische Christen. Diese Kirchen haben ihren Ursprung im Mittleren Osten und bieten auch Heimat für Flüchtlinge aus den von Kriegen zerstörten Ländern. Bereits seit vielen Jahren gibt es vor allem in Hamburg afrikanische, koreanische und chinesische Gemeinden, die häufig auch Räume in evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden nutzen.