Debatte um Homo-Ehe nimmt in Deutschland wieder Fahrt auf
26. Mai 2015
Was im katholischen Irland möglich ist, wird in Deutschland vorläufig nicht geschehen: die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare. Hier geht es nur in kleinen rechtlichen Schritten voran. Doch die politische Debatte gewinnt wieder an Brisanz.
Das Votum der Iren für die Einführung der „Homo-Ehe” beflügelt die Debatte in Deutschland. Die Opposition warf der Regierungskoalition Mutlosigkeit vor. In Deutschland gebe es längst eine Mehrheit dafür, die Ehe für Homosexuelle zu öffnen, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, in Berlin. Das Lebenspartnerschaftsgesetz sei nur eine Übergangslösung.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will an diesem Mittwoch dem Kabinett einen Gesetzentwurf vorlegen, der weitere rechtliche Angleichungen zwischen der eingetragenen Lebenspartnerschaft für Homosexuelle und der Ehe vorsieht. Es handelt sich unter anderem um Regelungen im Zivil- und Verwaltungsrecht. So sollen homosexuelle Paare, die im Ausland eine Lebenspartnerschaft eintragen lassen wollen, künftig aus Deutschland die dafür notwendigen Bescheinigungen erhalten.
Kritik der Grünen
Eine vollständige Gleichstellung sei in der großen Koalition "leider nur schwer realisierbar", sagte Maas "Spiegel Online". Auch Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) zeigte sich in der "tageszeitung" skeptisch, dass mit der Union in dieser Legislaturperiode mehr erreicht werden könne.
Nach Meinung der Grünen erfüllt Maas noch nicht einmal die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag. Beck sagte, es gebe noch 150 Regelungen in 54 Gesetzen, die Ehe und Lebenspartnerschaft ungleich behandelten. Maas wolle aber nur 23 Regelungen ändern. Die Grünen haben einen eigenen Gesetzesantrag vorgelegt. Der Lesben- und Schwulenverband forderte die Ehe für alle statt des "bürokratischen Klein-Klein" im Maas'schen Gesetzentwurf. Zudem würden darin wieder Rechtsbereiche ausgespart.
Baustelle Adoptionsrecht
In der Union formieren sich unterdessen Befürworter und Gegner der Homo-Ehe neu. Der CDU-Abgeordnete Stefan Kaufmann setzt darauf, dass sich seine Partei von innen heraus verändert. Der Stuttgarter Abgeordnete, der in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt und ein Befürworter der Homo-Ehe ist, geht davon aus, dass das irische Referendum die Debatte in Deutschland befeuern wird. Es habe sich in den vergangenen 15 Jahren viel getan, aber nicht genug: "Die große offene Baustelle ist das gemeinsame Adoptionsrecht", sagte er im Deutschlandfunk.
Mit Ausnahme des Adoptionsrechts sei man auf gesetzlichem Weg und durch höchstrichterliche Urteile bereits zu einer weitgehenden rechtlichen Gleichstellung gekommen. Dennoch hätte die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben nach Kaufmanns Einschätzung "hohen Symbolcharakter, weil das natürlich ein Zeichen ist an die gleichgeschlechtlich Liebenden, ein Zeichen von Toleranz und Respekt."
Zu den Befürwortern in der Fraktion zählt auch der Gesundheitsexperte Jens Spahn (CDU). Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Lesben und Schwulen in der CDU, Alexander Vogt, erklärte bei n-tv, er sehe seine Partei und die Fraktion am Zug.
Deutschland und Irland "nicht vergleichbar"
Indes sagte der familienpolitische Sprecher der Fraktion, Marcus Weinberg (CDU), bisher gebe es in der Partei und in der Fraktion keine Mehrheit für eine Änderung des Grundgesetzes für eine Ehe für alle. Das "hochkontroverse Thema" müsse in der Partei breit diskutiert werden. Änderungen noch in dieser Legislaturperiode sehe er nicht, sagte Weinberg. Deutschland und Irland seien nicht vergleichbar, weil Deutschland bereits 2001 die Lebenspartnerschaft eingeführt habe. Er habe sich immer dafür starkgemacht, sie rechtlich der Ehe gleichzustellen.
Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl bekräftigte das Nein zu einer Gleichstellung homosexueller Paare und verwies auf den Koalitionsvertrag mit der SPD. "Wir sollten uns an unsere Verabredungen halten", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Den Vorschlag der Gleichstellungsbeauftragten der Bundesregierung, Christine Lüders, über die Homo-Ehe im Bundestag ohne Fraktionszwang abzustimmen, lehnte Strobl ab.
Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, sagte der "Süddeutschen Zeitung", nach dem klaren Votum der Iren für eine Ehe von Lesben und Schwulen dürfe es in Deutschland "kein Zögern" mehr geben. "Unverzüglich müssen wir nachholen, was die Iren uns vorgemacht haben", verlangte Gysi.