Kindergarten mit 19 Nationen

Die Hamburger Kita, wo Gott auch Allah heißt

Ein Kita-Kind beim Gebet (Symbolfoto)
Ein Kita-Kind beim Gebet (Symbolfoto)© iStock

23. Juni 2015 von Timo Teggatz

Hamburg. Jungen und Mädchen aus 19 Nationen gehen in einen evangelischen Kindergarten in Hamburg. Viele der Eltern sind Muslime oder Atheisten. Die Erzieher sagen: „Gott ist für uns alle der gleiche Gott.“ Ein Besuch in der Multi-Kulti-Kita von Wilhelmsburg.

„Wir wollen Gott danke sagen. Er hat uns wunderbar gemacht. Er hat uns unsere Hände gegeben.“ Ina Voß spricht deutlich zu den Kindern, die mit ihr in einem Kreis sitzen. Sie winkt ihnen dabei mit beiden Händen zu. Jakob, Aynur, Hilalnas, Admin und ihre Freunde wedeln, patschen und klatschen mit ihren kleinen Händen zurück.

Dann singen und beten sie. In ihrer Mitte steht ein Holzkreuz, das in bunten Farben Jesus und seine Jünger zeigt. Eine Kerze brennt dort ebenfalls. Ina Voß ist Erzieherin der Evangelischen Kindertagesstätte Emmaus. Regelmäßig erzählt sie Kindern von Gott. Egal, ob ihre Eltern Kirchen oder Moscheen oder gar kein Gotteshaus besuchen.

Ostern ist Thema, der Ramadan auch

Später schlendert sie über den Spielplatz an der großen Schaukel vorbei, auf der vier Mädchen von einer Seite zur anderen pendeln. „Jesus!“, rufen sie ausgelassen Voß entgegen. Und diese lacht. Sie erzählt den Kindern gern von Gott, der sie so wunderbar gemacht hat. Oder sie reden über Freundschaft. Oder eben von Jesus. Etwa über die Geschichte der Sturmstillung. „Da konnte jedes Kind berichten, wovor es einmal Angst hatte und was ihm geholfen hat“, erinnert sich die Erzieherin. Alle Kinder hören auch von Weihnachten und Ostern. Aber natürlich ist auch der Ramadan immer ein Thema. „Da erzählen sich die Kinder gegenseitig, was sie zu Hause erleben“, berichtet Ina Voß.

Die Evangelische Kindertagestätte Emmaus liegt in Hamburg-Wilhelmsburg. 76 Kinder besuchen die Einrichtung. Meistens sind es je zwei Pädagogen, die für die vier unterschiedlichen Gruppen verantwortlich sind. Ob beim gemeinsamen Mittagessen, Schuhe- anziehen oder Streitschlichten – das Kita-Team hat immer alle Hände voll zu tun.

Leiterin kommt aus Finnland

Über 90 Prozent der eineinhalb bis sechsjährigen Kinder haben hier einen Migrationshintergrund. Sie stammen aus afrikanischen Ländern wie Togo und Ghana, aus Serbien und der Türkei, Jugoslawien und Portugal. „Bei einem Sommerfest vor einigen Jahren haben wir Fähnchen für jedes Land bemalt. Es wurden 19“, erzählt Minna Rikander stolz. Rikander leitet die Kita. Seit 20 Jahren ist sie in Wilhelmsburg tätig, sie selbst kommt aus Finnland.„Leider ist das kein Vorteil für mich, da wir keine finnische Familie haben“, schmunzelt die engagierte Pädagogin.

Vorteile haben hingegen einige ihrer Mitarbeiter. Die eine kommt aus der Türkei, die andere aus Syrien. Der Kinderpsychologe stammt aus Russland. Und die momentane Praktikantin ist aus Ecuador. „Die Hauptsprache ist aber Deutsch“, betont Minna Rikander. „Die Eltern bringen ihre Kinder mit dem Wunsch in die Kita, dass sie die Sprache gut lernen. Zur Vorbereitung für die Schule!“ Nur bei den Allerkleinsten aus der Krippengruppe sorgt eine türkischsprachige Erzieherin dafür, dass viele Kinder ihre buchstäbliche Muttersprache hören. Denn das gibt ihnen Sicherheit und Geborgenheit.

Besuch in der Moschee

Kommunikation, ob mit Kindern oder Erwachsenen, ist ein zentrales Thema in der Kita Emmaus. „Manchmal können die Eltern unsere Briefe und Aushänge nicht lesen“, erzählt Ina Voß. „Deswegen sprechen wir sie immer auch direkt an, wenn sie ihre Kinder morgens hierher bringen.“

Alle Kinder der gesamten Kindertagesstätte feiern einmal im Monat einen Gottesdienst in der Emmaus-Kirche der Reiherstieg-Kirchengemeinde. Dann singt und betet eine Pastorin mit den Kleinen. Aber auch dort erfahren sie etwa, wie unterschiedlich Menschen zu Gott sprechen. Die einen falten die Hände, die anderen formen ihre Handflächen zu Schalen. Die Kitakinder haben sogar schon einmal eine Moschee gemeinsam besucht. „Das war toll für sie, der große Raum ohne Bänke, der weiche Teppich. Es ist einfach wichtig, dass Kinder unterschiedlichste Gotteshäuser kennenlernen!“, sagt Ina Voß.

Eltern, die ihre Kinder in der Kindertagesstätte anmelden, erfahren von deren evangelischem Profil. „Vielen, auch muslimischen Eltern, ist es wichtig, eine konfessionelle Einrichtung auszusuchen“, erzählt Minna Rikander, „Glauben und evangelisch sein heißt für uns: Jedes Kind ist willkommen. Jedes Kind ist wunderbar.“ Und die Erwachsenen sind Vorbilder für die Kinder. Darum gehen die Pädagogen sorgsam miteinander um. Sie achten aufeinander und auf ihre eigenen Bedürfnisse. Und sie kümmern sich um ihre Umwelt. So gibt es in der Kita auch einen kleinen Garten, in dem jetzt die Erdbeeren reifen.

„Dann haben wir weniger Krieg“

Alle Eltern wissen, dass ihre Kinder selbstverständlich in die Kirche gehen. „Gerade vorgestern haben Eltern deswegen eine Anmeldung abgelehnt“, erzählt Minna Rikander. „Das ist in Ordnung, obwohl ich es schade finde. Denn ich denke, Gott ist für uns alle der gleiche Gott. Und wenn Kinder das von Anfang an lernen, dann haben wir weniger Krieg.“

Ob auf der Schaukel oder in der Sandkiste: Schwarzhaarige, wildgelockte und strohblonde Kinder spielen in der Wilhelmsburger Kita miteinander. Erst, wenn sie älter werden, nehmen sie Unterschiede wahr. Neulich sagte ein Mädchen, deren Eltern aus Afrika stammen, zu ihrer Erzieherin: „Ich hätte auch gerne solche Haut wie du!“ Da lachte die Erzieherin und sagte: „Und ich hätte gerne solche wie du!“

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