Zum Tode von Günter Grass

Die Stimme des sensiblen Grantlers ist verstummt

Günter Grass bei einer Veranstaltung in Berlin im April 2009
Günter Grass bei einer Veranstaltung in Berlin im April 2009© epd

13. April 2015 von Timo Teggatz

Lübeck. So sensibel er in seinen Büchern Geschichten erzählen konnte, so polterig eckte er an, wenn er sich politisch äußerte. Jetzt ist Günter Grass' markante Stimme verstummt.

Er sei ja mittlerweile schon "etwas schwach auf den Beinen", hatte Günter Grass kürzlich in einem Interview eingeräumt. Doch im Kopf gehe es noch ganz gut. Er tröste sich mit dem Satz "Besser als umgekehrt". Jetzt ist der berühmte deutsche Schriftsteller tot. Grass ist am Montag in einem Lübecker Krankenhaus an einer Lungenentzündung gestorben.

Spätestens seit Verleihung des Nobelpreises 1999 galt Grass als einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller der Gegenwart. Mehr als 70 Titel in rund 40 Sprachen umfasst sein Werk. Größter Erfolg war "Die Blechtrommel" (1959). Oskar Matzerath, der kleine Trommler und Außenseiter, erzählt das Leben im Danzig der Nazi-Zeit und der Nachkriegsjahre. Es folgten mit "Katz und Maus" (1961) und "Hundejahre" (1963) zwei weitere Romane zur Aufarbeitung der Nachkriegszeit.

Doch sein literarisches Schaffen ging weit über die Vergangenheitsbewältigung hinaus. Zu seinen erfolgreichsten Romanen gehört "Der Butt" (1977). Angelehnt an das Märchen "Vom Fischer und seiner Frau" entwickelte Grass eine verspielte Sozialgeschichte der Frau. In der "Rättin" (1986) entwirft er ein Szenarium des Weltuntergangs mit Atomtod, Umweltkatastrophe und dem Elend der Dritten Welt. Einen Rückblick auf das 20. Jahrhundert lieferte er 1999 mit dem Roman "Mein Jahrhundert". Seine Novelle "Im Krebsgang" widmete sich dem weitgehend verdrängten Untergang des Flüchtlingsschiffes "Wilhelm Gustloff" im Januar 1945.

Als Jugendlicher wollte er Bildhauer werden

Leicht übersehen wurden seine künstlerischen Leistungen als Grafiker und Bildhauer. Schon als Jugendlicher wollte er Bildhauer werden. Nach einer Steinmetz-Lehre ging er an die Kunst-Hochschulen in Düsseldorf und Berlin. So hat er zwar Kunst, nicht aber Literatur studiert. Seine bildnerischen Ausdrucksformen reichen von der Bleistiftzeichnung über Radierung und Aquarell bis zur Plastik. Sein Leben lang wechselten sich Phasen des Schreibens und des Zeichnens ab. Nach Abschluss eines Romans folgte in der Regel eine Schaffensphase der bildenden Kunst. Bücher wie "Mein Jahrhundert" sind Literatur und Bildkunst in einem.

Nur selten bekommen Künstler schon zu Lebzeiten ein Museum. Zum 75. Geburtstag öffnete in der Lübecker Altstadt das Günter Grass Haus. Schwerpunkt sind Ausstellungen zu Künstlern mit Doppelbegabungen wie auch Grass eine war. Gezeigt wurden Ausstellungen von Hermann Hesse, Wilhelm Busch, Janosch, Johann Wolfgang von Goethe, Ernst Barlach oder Arno Schmidt. Jährlich werden hier rund 20.000 Besucher gezählt.

Politisch hat der prominente Linke mit großer Beharrlichkeit angeeckt. Kurt Schumacher hatte ihn kurz nach Kriegsende für die SPD begeistert. Er war mit Willy Brandt befreundet und unterstützte in den 60er Jahren die Wahlkämpfe der SPD. Erst 1983 wurde er SPD-Mitglied, trat aber 1993 wegen der Beschlüsse zur Asylpolitik wieder aus.

Sein spätes Geständnis

Unermüdlich warnte er vor einem Wiederaufleben des Nationalismus. Nach der Wende forderte eine langsamere Wiedervereinigung mit zwei deutschen Staaten. Er protestierte gegen die Abschiebung von Kurden, unterstützte Sinti, Roma und ehemalige NS-Zwangsarbeiter. Vor allem mit seinem Gedicht "Was gesagt werden muss" gegen Israel brachte Grass 2012 zahlreiche Menschen gegen sich auf. Nicht der Iran, sondern Israel mit seinen Atomwaffen gefährde den Weltfrieden, heißt es dort. Sein Schriftstellerkollege Max Frisch habe ihm empfohlen, im Alter zornig zu bleiben, verteidigte er sich.

Harte Kritik musste er auch einstecken, als er 2006 öffentlich einräumte, dass er kurz vor Kriegsende Mitglied der Waffen-SS gewesen war. Zwar hatte er aus seiner Nazi-Begeisterung als Jugendlicher nie ein Hehl gemacht, doch man nahm ihm den späten Zeitpunkt des Geständnisses übel.

Leidenschaftlich Pfeife geraucht

Grass galt zeitlebens als deutsch-polnischer Botschafter. Geboren wurde er am 16. Oktober 1927 in Danzig, sein Vater war deutschstämmig, seine Mutter kaschubischer Abstammung. Das Grass-Haus dokumentierte 2010 mit der Ausstellung "Von Danzig nach Lübeck" sein besonderes Verhältnis zu Polen. Zuletzt lebte Grass mit seiner zweiten Frau Ute in Behlendorf bei Lübeck.

Mehrfach musste sich Grass in den letzten Jahren unter anderem wegen Herzproblemen klinisch behandeln lassen. Das Pfeife-Rauchen wollte er dennoch nicht aufgeben: Er war auch der einzige, der in den Arbeitszimmern des Grass-Hauses rauchen durfte.

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