Eine späte Würdigung: Deserteure bekommen eigenes Denkmal
10. Juli 2015
Hamburg. Am Hamburger Stephansplatz entsteht ein Denkmal für Deserteure während der NS-Zeit: ein begehbares Dreieck, an dem aus Bronze gegossene Buchstaben angebracht sind. Sie stammen aus einem bekannten literarischen Text.
Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) hat über den Bau des neuen Gedenkortes für Deserteure und andere Opfer der NS-Militärjustiz informiert. Gemeinsam mit dem Künstler Volker Lang stellte sie auf dem Stephansplatz (Dammtor) die Pläne für ein transparentes Mahnmal vor. Der Künstler wird es dort ab Ende Juli verwirklichen.
Nachdrückliches Zeichen für Zivilcourage
Hamburg stelle sich als ehemaliger bedeutender Standort der Wehrmachtjustiz endlich seiner Verantwortung, sagte Kisseler. Bei der Eröffnung war auch der Vorsitzende der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz, Ludwig Baumann (93), anwesend. Der Gedenkort soll im November 2015 eröffnet werden.
Entstehen soll ein im Grundriss gleichseitiges, begehbares Dreieck. Zwei der Seitenwände bilden aus Bronze gegossene Buchstaben, die Zitate aus dem Text "Deutschland, 1944" von Helmut Heißenbüttel wiedergeben. Diese werden in einer Audioinstallation auch vorgelesen und durch eine Lichtinstallation ergänzt.
Das "komplexe und sensible Vorhaben" werde ein "nachdrückliches Zeichen für Zivilcourage" setzen, sagte Kisseler. Zu lange seien diese Opfer des Nationalsozialismus nicht anerkannt worden, jetzt würden sie angemessen gewürdigt.
"Mahnmal gegen den Krieg" von Alfred Hrdlicka blieb unvollendet
Der Gedenkort entsteht zwischen dem 1936 gebauten Kriegerdenkmal für das Infanterie-Regiment "Hamburg Nr. 76" und dem unvollendet gebliebenen Gegendenkmal "Mahnmal gegen den Krieg" von Alfred Hrdlicka von 1983-86. Sein Werk solle sich wegen der Gegebenheiten des Ortes mit anderen Mitteln behaupten und "sucht den Kontrast im Feinen statt im massiven Auftritt", sagte der Künstler. Für die Gestaltung des Gedenkortes stehen laut Kulturbehörde 500.000 Euro zur Verfügung.
Die Hamburgische Bürgerschaft hatte im Juni 2012 die Errichtung eines Denkmals für Deserteure einstimmig beschlossen. Die Kulturbehörde schrieb 2013 einen internationalen Wettbewerb für die Gestaltung aus. Volker Lang wurde im Juni 2014 mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Der Bau des Gedenkortes sei Ergebnis einer intensiven Diskussion unter Beteiligung der Opferverbände, der Wissenschaft und der Fachöffentlichkeit, so Kisseler.