Einzigartig: Computer-Schnittstelle für romantische Orgel
23. Februar 2015
Hamburg. Diese Sanierung hat es in sich: Für 1,3 Millionen Euro bekommt die Orgel der St. Johanniskirche von Harvestehude ein modernes Gesicht. Sie wird auch mit einer Computer-Schnittstelle ausgestattet – einzigartig im Norden.
Eine der spektakulärsten Orgelsanierungen Hamburgs geht derzeit in St. Johannis-Harvestehude zu Ende. Für 1,3 Millionen Euro wird in der 1880-1882 erbauten Kirche die Epoche der Romantik mit dem digitalen Computerzeitaler verschmolzen. Am 22. März wird Wiedereinweihung gefeiert.
Kino-Klangeffekte auf einer Kirchenorgel sollen künftig in der evangelischen St. Johannis-Kirche in Hamburg-Harvestehude möglich sein. Nach zweijähriger Sanierung und Modernisierung wird die 130 Jahre alte Marcussen-Orgel derzeit wieder eingebaut. 1,3 Millionen Euro Spenden sammelte die Gemeinde – und erhält dafür eine romantische Kirchenorgel mit Computer-Schnittstelle. „Das wird einzigartig in Norddeutschland“, freut sich Kirchenmusiker Christopher Bender (35).
So werden Tradition und Innovation verbunden
Derzeit werden die 3500 Orgelpfeifen in 53 Registern installiert und intoniert. Etwa eine Stunde dauert das pro Pfeife. Zuvor wurden rund zwei Kilometer feinstes Holzgestänge im Innenleben der Orgel ausgebessert oder ersetzt. Dafür war das Instrument komplett ausgebaut und in die Werkstatt des Stuttgarter Orgelbaumeisters Konrad Mühleisen transportiert worden. Dort wurde der Spieltisch um hochmoderne Technik erweitert.
Die Zusatzfunktionen sind auf den ersten Blick gar nicht erkennbar. Sie werden mit Knöpfen auf zwei Schaltbrettern gesteuert, die sich rechts und links am Orgelspieltisch unterhalb der traditionellen Registerzüge hervorziehen lassen. „Kirchenmusik will Menschen emotional und spirituell erreichen“, sagt Bender. Dafür sei es „wichtig, ihnen Vertrautes zu bieten und sie zugleich zu überraschen“. Das Konzept der neuen St. Johannis-Orgel versuche, „Tradition und Innovation“ zu verbinden. Die Orgel lasse sich spielen wie eine klassische Kirchenorgel, orientiert am spätromantischen Klangideal. Doch zugleich gebe es diverse moderne Raffinessen, die das Instrument zu einer Orgel des dritten Jahrtausends machten.
Orgel ersetzt komplettes Tonstudio
„Für uns ist Kirche kein Museum, sondern ein lebendiger Ort – der Gegenwart und Zukunft zugewandt“, sagt Bender. Mit der neuen Technik könne die Orgel auch als Schulungs- und Bildungsinstrument genutzt werden. Die Hamburger Jugendmusikschule ist direkter Nachbar, zur Hochschule für Musik und Theater ist es nur ein Katzensprung.
Dank moderner Software kann die Orgel ein komplettes Tonstudio ersetzen. Über eine Midi-Schnittstelle lassen sich weitere Instrumente anschließen, die über die Orgeltastatur zu bedienen sind. Live gespielte Orgel-Improvisationen lassen sich digital abspeichern, auf Notenpapier ausdrucken oder vollautomatisch neu abspielen. Doch „Gottesdienste aus der Konserve“ mit vorher abgespeicherter Musik wird es mit Bender nicht geben: „Dafür bin ich zu sehr Künstler.“
Bender freut sich darauf, mit dem Instrument völlig neue Szenarien auszuprobieren. 3-D-Gottesdienste sind sein Traum, in denen Musik, Klänge und Geräusche das übrige Geschehen unterstützen und ergänzen. Die nahezu unendlichen Möglichkeiten der neuen Orgel haben sich bereits herumgesprochen: Etliche Organisten aus dem In- und Ausland haben sich schon für Gastauftritte angemeldet.
Einweihungskonzert am 22. März
Der Festgottesdienst zur Orgelweihe soll am Sonntag, 22. März, um 10 Uhr stattfinden. Abends um 19 Uhr steht das Einweihungskonzert auf dem Programm. Am 29. März um 15 Uhr finden die ersten Orgelführungen für Kinder statt, ab Ende April wird es auch wieder die „Orgelmusik zur Abendzeit“ geben, die von Bender-Vorgänger Claus Bantzer (72) initiiert wurde. Bantzer wirkte von 1975 bis 2008 als Organist in der Gemeinde. Auch die Orgelmusiken zur Marktzeit (donnerstags um 12 Uhr) werden künftig wieder angeboten.