Ev. Stiftung Alsterdorf

„Erinnern für die Zukunft“ – Gedenkfeier für Euthanasie-Opfer

An der Stolperschwelle legten die Besucher Blumen nieder
An der Stolperschwelle legten die Besucher Blumen nieder© Klaus Merhof / epd

08. Mai 2015 von Klaus Merhof, Timo Teggatz

Hamburg. Es bleibt ein unbegreifliches Verbrechen: Mehr als 500 Bewohner der Ev. Stiftung Alsterdorf fielen in der NS-Zeit dem Euthanasie-Programm der Nazis zum Opfer. Auch die Kirche habe in entscheidender Stunde versagt, sagte Bischöfin Fehrs bei einer Gedenkfeier.

70 Jahre nach Kriegsende hat die Ev. Stiftung Alsterdorf in Hamburg an die über 500 Bewohner erinnert, die in den Euthanasie-Programmen während der NS-Zeit aus der damaligen Anstalt verschleppt und ermordet wurden. An der 2006 verlegten "Stolperschwelle" neben der Zufahrt zur Stiftung sprach Bischöfin Kirsten Fehrs von einer "ideologischen Vergiftung und abgründigen Grausamkeit", die damals eine ganze Einrichtung erfasst habe.

Schwestern und Pfleger, Ärzte und Pastoren hätten es nicht nur zugelassen, sondern aktiv daran mitgewirkt, dass die ihnen anvertrauten Schützlinge "wie Vieh verladen und in Arbeits- und Vernichtungslager abtransportiert wurden", sagte Fehrs. Die Nazi-Ideologie sei schon schlimm genug und von vornherein gegen das sogenannte lebensunwerte Leben eingestellt gewesen. "Total unbegreiflich" sei es jedoch, wie viele christlich erzogene, zum Teil tiefgläubige Menschen diese menschenfeindliche Ideologie unterstützen, ja sich zu eigen machen konnten.

In "Grauen Bussen" abtransportiert

"Wer vermag es zu fassen, dass kranke und behinderte Menschen von denen ans Messer geliefert wurden, die sie eigentlich pflegen und schützen sollten?", fragte Fehrs und fügte hinzu: "Aber sie haben es getan – daran erinnert diese Stolperschwelle." Sie wurde dort in den Gehweg eingelassen, wo früher ein Schlagbaum stand, der das Alsterdorf-Gelände abtrennte. Vor diesem Schlagbaum hatten die "Grauen Busse" gehalten, mit denen die Opfer abtransportiert wurden.

Stiftungsgründer Heinrich Sengelmann (1821-1899) habe es stets abgelehnt, von seinen Pflegepatienten als "Fälle" zu sprechen, sagte Fehrs weiter. Er habe sie "Mitmenschen" genannt, in denen auch eine Seele wohne, "wenn auch eine verhüllte". Nur zwei Generationen später hätten seine Nachfolger ihren Schützlingen auf dem Weg in die Vernichtungslager ein Schreiben mitgegeben, dessen letzter Satz lautete: "Wir bitten bei einem eventuellen Ableben des Patienten um Zusendung des Gehirns für unsere Sammlung."

Szenische Lesung "Briefe an die Stille"

Sie könne nur erschüttert davor stehen und um Verzeihung bitten, sagte die Bischöfin: "Möge die Welt, mögen die Betroffenen und ihre Angehörigen und möge Gott es seiner Kirche verzeihen, dass sie in entscheidender Stunde so dermaßen versagt hat."

Vor dem Gedenken an der "Stolperschwelle" hatte Stiftungsdirektor Hanns-Stephan Haas in einer Andacht die damaligen "Alsterdorfer Anstalten" als "Täterorganisation" bezeichnet. Den Opfern und ihren Angehörigen sei damals Freiheit wie Freundschaft verweigert worden, sagte er. Schüler der Fachschule für Heilerziehung trugen in einer Prozession schwarze Transparente mit den Namen der Alsterdorfer Opfer in den Altarraum der Nicolauskirche. In einer szenischen Lesung des Hamburger Autors Michael Batz wurden "Briefe an die Stille" vorgetragen.

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