Kirchentags-Diskussion zu Wandel der Arbeit

Experten: Digitalisierung wird Alltagsleben extrem verändern

Bundeskanzlerin Merkel spricht zum Thema „Digital und klug? - Wie wir Wirtschaft und Gesellschaft gestalten”
Bundeskanzlerin Merkel spricht zum Thema „Digital und klug? - Wie wir Wirtschaft und Gesellschaft gestalten”© epd-bild / Thomas Lohnes

05. Juni 2015 von Doreen Gliemann

Experten zufolge wird die Digitalisierung die Menschen in ein völlig neues Alltags- und Arbeitsleben führen. Beim evangelischen Kirchentag in Stuttgart nannte der Generalsekretär der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, Michael Klein, computergesteuerte Haushaltsgeräte und Fahrzeuge als Beispiele.

Bereits jetzt gebe es unzählige dieser Systeme, die über das Internet vernetzt seien, sagte er am Freitag. Die Entwicklung müsse so gesteuert werden, dass sie der gesamten Gesellschaft und jedem einzelnen Menschen ein besseres, gesünderes und angenehmeres Leben ermögliche.

Zuletzt hatte es in der SPD heftige Kritik an dem geplanten Gesetz gegeben, die den zwischen Innenminister de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) gefundenen Kompromiss wieder infrage stellte. Dieser sieht vor, für die Dauer von zehn Wochen Verbindungsdaten zu speichern. 

Kanzlerin Angela Merkel verteidigt Vorratsdatenspeicherung

Auch Kanzlerin Angela Merkel rief dazu auf, die Chancen der Digitalisierung zu sehen. Sie verteidigte die von der großen Koalition geplanten Vorratsdatenspeicherung: „Ich würde mich sicherer fühlen, wenn wir so ein Gesetz haben.” Die Kanzlerin mahnte einen vorsichtigen Umgang mit persönlichen Daten im Internet an. Es sei nicht in Ordnung, wenn Kritiker einerseits vieles von sich aus preisgäben und gleichzeitig dagegen seien, wenn der Staat auf Daten zugreife, „wenn er das Leben von 80 Millionen Menschen sichern will”.  

Kritik an zunehmender „Entgrenzung” von Arbeit 

Für den Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Gustav Horn, ist die entscheidende Frage, ob die neuen Technologien mehr Freiräume bringen werden. Denn es sei nicht auszuschließen, dass die Möglichkeit, an jedem Ort und zu jeder Zeit zu arbeiten, die Menschen von der Technik abhängig mache und durch den Verlust der gemeinsamen Bürostunden zu sozialer Vereinzelung führe. 

DGB-Chef Reiner Hoffmann verwies unter anderem auf Stress und Arbeitsverdichtung. Es sei Aufgabe der Gewerkschaften, diesen Entwicklungen entgegenzuwirken. Die Menschen wollten ihre Arbeitsplätze mitgestalten und sich mit ihrer Arbeit und mit den Produkten, die sie herstellen, identifizieren, sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Deshalb seien flache Hierarchien in Unternehmen eine wesentliche Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Die Zeiten seien vorbei, in denen die Arbeitnehmer nur Befehlsempfänger gewesen seien. 

Die Sozialethikerin Elisabeth Gräb-Schmidt sieht eine weitere "Entgrenzung" der Arbeit kritisch. Während diese Möglichkeit in hochdotierten Berufen neue Freiräume bringen könne, führe sie bei Menschen in Niedriglohngruppen zu einer totalen Beanspruchung durch Arbeit: Um über die Runden zu kommen, müssten sie mehrere Arbeitsplätze ausfüllen. Die Folge davon sei, dass es neben der Arbeit keine Freizeit mehr gebe.   

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