Flüchtlingsbeauftragte: Kirchenräumung ist "Tabubruch"
26. Mai 2017
Die Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" hat den staatlichen Umgang mit Kirchenasylen beklagt. Die Räumung unter Polizeigewalt in Ludwigshafen sei ein Tabubruch gewesen, so die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Dietlind Jochims, die auch Flüchtlingsbeauftragte in der Nordkirche ist.
Jochims reagierte damit auf einen Polizeieinsatz in Ludwigshafen, bei dem Anfang Mai eine dreiköpfige koptische Flüchtlingsfamilie aus Ägypten in den Räumen der evangelischen Stadtmission festgenommen wurde. Sie wurde noch am selben Abend vom Stuttgarter Flughafen aus in ihre Heimat abgeschoben.
Jochims kritisiert den Bundesinnenminister
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) habe zwar vor zwei Jahren eingestanden, dass es Notwendigkeiten für Kirchenasyl gebe und damit auch seine fundamentale Kritik zurückgenommen, betonte Jochims in einem Interview der Zeitschrift Publik-Forum. Gleichzeitig betone der Minister, dass es zu viele Kirchenasyle gebe. Das sei ein ständiges Auf und Ab "je nach politischer Großwetterlage", kritisierte die evangelische Theologin, die in der Nordkirche als Flüchtlingsbeauftragte tätig ist.
Gewaltsame Beendigung von Kirchenasylen sei kein vernünftiger Umgang
Sie wünsche sich eine sachliche Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Anliegen von Kirchenasylen statt des politischen Showdowns, sagte die Pastorin der Zeitschrift weiter. Eine gewaltsame Beendigung von Kirchenasylen durch die Polizei gehöre dagegen "nicht zum vernünftigen Umgang mit diesem Thema".Kirchenasyl könne kein "Allheilmittel" sein
Kritik äußert Jochims auch an der jüngst im Bundestag beschlossenen Verschärfung des Asylrechts. Sie befürchte einen weiteren Anstieg der Anfragen nach Kirchenasyl. Dies habe es schon im vergangenen Jahr gegeben. Mit den neuen Gesetzen werde die Not und Verzweiflung der Menschen "enorm verschärft". Es komme nun darauf an, dass sie "mit entsprechenden Beratungsstrukturen und Aufklärung hinterherkommen". Kirchenasyl könne allerdings auch kein "Allheilmittel" sein, unterstrich sie.