Gedenkstein für alle, die aus Notlagen heraus anonym bestattet wurden
12. August 2023
Viele Wohnungslose werden nach ihrem Tod anonym beerdigt, weil sich keine Angehörigen finden, die die Kosten für eine Grabstelle übernehmen. Ebenso ergeht es oft Geflüchteten. Die Diakonie Husum hat nun zusammen mit der Kirchengemeinde Husum und der Stiftung Diakonie einen Gedenkstein aufgestellt, damit diese Menschen nicht in Vergessenheit geraten.
Zahlreiche Menschen in Schleswig-Holstein erhalten nach ihrem Tod keinen Grabstein. Manchmal wollen sie Angehörigen nicht zur Last fallen, oft fehlt schlicht das Geld. Nicht selten können keine Familienmitglieder ermittelt werden.
Erinnerungsorte sind wichtig
Dann werden diese Menschen auf Kosten der Kommunen auf anonymen Grabfeldern oder auf See bestattet. Es gibt bislang kaum Orte, an denen ihre Namen in Erinnerung gehalten werden. Weggefährten oder Freunde haben keinen Ort des Gedenkens.
"Es geschieht immer wieder, dass wohnungslose oder geflüchtete Menschen, denen wir regelmäßig in Innenstädten, vor Geschäften oder in Unterführungen begegnen, von einem Tag auf den anderen verschwinden", sagt Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß und ergänzt:
Oft sind wir an ihnen vorbeigegangen, kannten ihre Gesichter und haben ihnen etwas Geld gespendet. Dann sind sie auf einmal nicht mehr da und die Erinnerung an sie verblasst. Das wollen wir ändern! Kein Mensch sollte einfach in Vergessenheit geraten, nur weil er oder sie sich keine Grabstelle leisten konnte. Mit dem Gedenkstein in Husum werden jetzt einige ihrer Namen in Erinnerung gehalten.
Der Gedenkort soll an all jene erinnern, die ohne eigene Zustimmung anonym beigesetzt worden sind, erläutert Volker Schümann, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes Husum. "Für sie wird jeweils eine Namensplakette auf der Stele angebracht. Und: Die Kirchengemeinde lädt regelmäßig zu Gedenkfeiern ein, in denen Weggefährten von den Verstorbenen Abschied nehmen können."
Kirchengemeinde hält Gedenkgottesdienste ab
Die Kirchengemeinde Husum ist Trägerin des Gedenkortes. Wie schmerzlich eine anonyme Bestattung für Kollegen und Freunde des Verstorbenen sein kann, weiß Gemeindepastor Friedemann Magaard. Erlebt habe er dies beim Tod von Willy Wallner, einem stadtbekannte Verkäufer des Straßenmagazins Hempels:
Die Kollegen und Freunde von der Bahnhofsmission und aus der Community der Wohnungslosen hatten keinen Ort für die Trauer. Für Diakonie und Kirchengemeinde in Husum wurde offenkundig, wie dringlich ein Gedenkort ist.
Jetzt soll eine Namensplakette an den Verkäufer erinnern. Für ihn und weitere anonym bestattete Menschen werde die Gemeinde beten "und ihr Andenken ehren. So verdient es jeder Mensch, unabhängig von Einkommen und Herkunft", sagt Pastor Magaard.
Platz für bis zu 200 Namen
Der Ort der Erinnerung wurde von Steinmetz Michael Leißner aus Wilster gestaltet. Aus alten Grabsteinen von aufgelösten Grabstätten schuf er in den vergangenen Monaten einen neuen Gedenkstein, der einem Mosaik gleicht. Bis zu 200 Namensplaketten können an dem Gedenkstein befestigt werden. "Alle, die mitgearbeitet haben, waren Feuer und Flamme für das Projekt", sagte Leißner.
Dieser wurde nun an einer gut sichtbaren Stelle auf dem Husumer Ostfriedhof gesetzt und von Landespastor Heiko Naß und Gemeindepastor Friedemann Magaard bei einer Zeremonie eingeweiht. Erste Namen von verstorbenen wohnungslosen Menschen sind darauf schon zu lesen, weitere werden folgen.
Hilfsbedarf nach wie vor hoch
In Schleswig-Holstein sind Tausende Menschen von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen, Hunderte leben auf der Straße. Im vergangenen Jahr nahmen 8.844 Menschen allein die Angebote der diakonischen Wohnungslosenhilfe in Anspruch, in Husum waren es 225.