17. April 2016 | Evangelische Zeitung

„Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb...“ – Vom langen Weg zum Osterjubel und einer Debatte um lebendigen Glauben

17. April 2016 von Gerhard Ulrich

Zu dem Gemälde „Erwartung“ aus dem Jahr 2013 von Hermann Buß war Landesbischof Gerhard Ulrich von der Evangelischen Zeitung und der Mecklenburgischen und Pommerschen Kirchenzeitung um eine Bildbetrachtung gebeten worden, die in den Osterausgaben der Zeitungen veröffentlicht wurde. Dazu haben sich Leser zu Wort gemeldet, worauf der Landesbischof in einem weiteren Beitrag reagierte (Ausgaben Nr. 16, 17.04.2016), der hier dokumentiert ist:

Wenn ein Autor zu seinem Beitrag später etwas Erklärendes schreibt, ist das kein gutes Zeichen: Dann ist es offenbar nicht gelungen, sein Anliegen zum Ausdruck zu bringen. Und wenn es, wie im Fall meiner Karfreitags- und Oster-Bildbetrachtung, um den zentralen Gegenstand unseres Glaubens geht, dann kann das dramatisch sein für alle: für die Leser und für den Autoren. So hat meine Bildbetrachtung Irritationen ausgelöst, die ich nicht stehen lassen möchte.

Aber zuerst noch einmal zur Intention: Mit meiner Bildbetrachtung konzentriere ich mich bewusst auf die Situation der Jünger nach Gründonnerstag und vor Ostern. Hier geht es um ihr Gefühl der Verlassenheit. Ich versetze mich in die auf dem Gemälde „Erwartung“ von Hermann Buß abgebildete Gestalt, die offenbar mit der Verlusterfahrung von Karfreitag konfrontiert ist. Wenn es im Text der Bildmeditation heißt: „Jesus ist tot“, beschreibt dies die Gedanken der Jünger direkt nach Karfreitag. Das Bild zeigt schließlich diese Spannung des menschlichen Lebens und des christlichen Glaubens, die genau zwischen Karfrei

„Wie“ der Auferstehung bleibt ein Geheimnis

Es folgen Formulierungen, die – isoliert betrachtet – den Eindruck erwecken können, als sei die Auferstehung Jesu von den Toten zu reduzieren auf das Weiterleben seiner Sache, etwa im Sinne des Neutestamentlers Willi Marxsen. „Die Sache Jesu geht weiter“ hieß sein Buch (1976). Nein, das ist nicht meine Theologie, das ist nicht das, was ich seit mehr als drei Jahrzehnten in der Osterzeit und auch sonst verkündige. „Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“ Weil Gott es will, und nicht nur, wenn wir es wollen. Aber den Glauben wollen – das müssen und sollen wir! Es ist nicht egal, was uns reitet, wie es Martin Luther ausdrückte. Und: Es bleibt ein Geheimnis, das „Wie“ der Auferstehung.

Der Glaube ist nicht, er ringt mit der Welt

Der Glaube muss einen weiten Weg zurücklegen, bis er in den Osterjubel einstimmen kann. Die Spannung, um die es in dem Bild geht, löst sich nicht einfach auf. Sie entsteht immer neu angesichts der Welt, angesichts des Kreuzes, das in seinen vielfältigen gegenwärtigen Formen weiter ein Skandalon ist. Osterglaube ist durch Schmerzen und Zweifel hindurch gewachsener Glaube, bleibt angefochtener Glaube. Er wächst durch Entsetzen, Fassungslosigkeit und Angst hindurch. Der Glaube ist nicht, er ringt mit der Welt. Er ist immer wieder Frage – und infrage gestellt.

Die Weggefährten Jesu hatten all das erlitten. Ihr Meister hatte es selbst angekündigt: Das Samenkorn muss sterben. Ganz in die Erde. So sehr war Gott Mensch geworden, dass er ganz stirbt, ganz begraben wird. Indem die Jünger die Kunde hören vom leeren Grab am Ostermorgen, erspüren sie, dass dieser Menschensohn für sie, für uns gestorben ist, damit Leben ist – seins und unseres: „Dann werdet ihr euch freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude …“ (1. Petrus 1, 8).

Wir Heutigen können den Auferstandenen nicht be-greifen oder unsere Finger in seine Wunden legen, wie Thomas es tat. Wir gehören zu denen, die der 1. Petrusbrief meint: „… Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht …“ Dazu will Ostern auch uns aufstehen lassen: in die Gewissheit hinein, dass diese Welt eben nicht aufgeht in dem, was wir sehen und begreifen.

Die Gedanken in der Bildbetrachtung sind beeinflusst von meiner Reise nach Südafrika kurz vor Ostern. Die Schwarzen in den Townships von Kapstadt und Johannesburg fragten uns: Wo seid ihr Christenmenschen, Schwestern und Brüder? Seid ihr zu finden an der Seite der Armen und Elenden? Was tut ihr mit eurem Erbe, dem unverwelklichen? Wollt ihr es aufbewahren im Himmel? Oder wollt ihr es leben, in der Nachfolge dessen, der auferstanden ist? Er hat den Tod besiegt, damit wir alle gleichermaßen leben und miteinander schöpfen aus der Fülle, die uns geschenkt ist.

Das ist mehr als Vertröstung. Das ist Trost – wenn es sich verbindet mit der Haltung des Glaubens, der betet und das Gerechte tut. Der vom Zweifel nicht schweigt, aber aus der Überwindung lebt. Steht auf, ihr Erben, zu lebendiger, leibhaftiger Hoffnung! Das ist es, was mich umtreibt. Bedrückend, wenn das in den Augen einiger unklar blieb in meiner Bildbetrachtung.

Ich freue mich über eine lebendige, vielstimmige und respektvolle Debatte zu einem zentralen Thema unseres gemeinsamen Glaubens. Der hat Kraft und Grund aus der Überwindung des Todes durch den, den Gott selbst auferweckt hat: Christus.

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