Kampnagel-Aktion zum Wert von künstlerischer Arbeit
14. März 2015
Eine Stunde lang haben ein Bischof und ein Banker auf Kampnagel ein schwarzes Bild gemalt. Doch was sind die Bilder wert? Mit der Aktion will der Hamburger Kongress „Work in Progress” eine Diskussion über den Wert künstlerischer Arbeit anstoßen.
Die Arbeit von Künstlern muss besser bezahlt werden. Am Ende einer bunten Revue in der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel waren sich der evangelische Landesbischof Gerhard Ulrich und Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) in dieser Forderung einig. Gemeinsam mit Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard und freischaffenden Künstlern diskutierten sie am Donnerstagabend während der Eröffnung des dreitägigen Kongresses "Work in Progress" über den Wert von Arbeit und eine angemessene Wertschätzung künstlerischen Schaffens. Ein bedingungsloses Grundeinkommen, sagte die Sängerin und Theatermacherin Bernadette La Hengst, würde ihr die Existenzangst nehmen.
Auf der Bühne von Halle K6 beteiligten sich Landesbischof Ulrich und der ehemalige Investmentbanker Rainer Voss am Kunstprojekt "Schwarzmarkt": Beide hatten die Aufgabe, innerhalb von exakt einer Stunde eine 1 x 0,50 Meter große Fläche mit schwarzer Farbe auszumalen. "Was sind diese vermeintlich gleichen Werke nun wert?", fragte Florian Dohmann, einer der Initiatoren des Projekts. Wenn der Wert künstlerischer Arbeit in Zeit gemessen wird, würde sich der Preis der Bilder am realen Stundenlohn der beiden "Maler" orientieren: Ulrichs Bild ist nach eigenen Angaben daher etwa 50 Euro wert, das von Voss etwa 500 Euro - gemessen an seinem alten Job als Investmentbanker.
Ulrich hatte seinen beruflichen Werdegang als Schauspieler begonnen
Die schwarzen Bilder sind nun Teil des Kunstprojektes "Schwarzmarkt" und können gekauft werden. Etwa 50 Menschen aus unterschiedlichen Berufen haben bisher am Projekt teilgenommen. Er habe es spannend gefunden unter diesen Bedingungen zu malen, weil er währenddessen nicht gewusst habe, was entstehen würde, sagte der Landesbischof nach der Performance. Aber eine Botschaft habe er untergebracht: Angesichts der Weltlage schrieb er "Einer muss anfangen aufzuhören!" in die Mitte des Bildes und malte diese Botschaft nur mit dünnem Pinselstrich über, so dass die Schrift lesbar blieb.
Kultursenatorin Kisseler sieht ein grundsätzliches Problem im gesellschaftlichen Verständnis des Wertes von Arbeit. "Wir müssen uns von der Grundannahme, dass hoch bezahlte Arbeit auch viel wert ist, langsam verabschieden", sagte sie. Dafür gebe es zu viele Hochbezahlte, die schlechte Arbeit machten.
"Wir müssen die Künstler ins Zentrum der Gesellschaft holen und jedem von Kindesbeinen an klar machen, wie wichtig sie sind", sagte Ulrich, der in jungen Jahren selbst als Schauspieler auf der Theaterbühne stand. Schauspieler, Sänger, Maler und Musiker seien dazu da, den Menschen zu helfen, ihr Leben zu leben. Jedes Theaterstück zeige auf der Bühne das, was jeder Mensch tagtäglich selbst erlebt.
Der Kongress "Work in Progress" findet zum vierten Mal statt und dauert bis Sonnabend (14. März). In Filmen, Installationen, Workshops, Vorträgen und Debatten zwischen Publikum und Experten werden die Veränderungen in der Arbeitswelt thematisiert. Der Kongress ist ein Gemeinschaftsprojekt der Hamburg Kreativ Gesellschaft und Kampnagel. Kooperationspartner ist in diesem Jahr der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt der Nordkirche.