„Menschenwürdiges Sterben”: Starker Ausbau der Hospizdienste gefordert
24. März 2015
Kiel. Ein starker Ausbau der Hospizdienste und eine künftige Entlohnung der fast ausschließlich ehrenamtlich geleisteten Hospiz-Arbeit ist auf einer Veranstaltung des Kieler Justizministeriums gefordert worden. Staat und Krankenkassen müssten dies finanzieren. „Noch können wir die Garantie geben, zu einem vor dem Tod stehenden Sterbenskranken möglichst umgehend zu kommen”, sagte Dorothea Paulsen, Koordinatorin der ambulanten Hospizdienste in Kiel, im Kieler Landeshaus. Es sei aber unsicher, ob das auch künftig funktioniere.
Paulsen verwies auf die Situation in Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt und Umgebung. Es gebe 96 ausgebildete Hospizbegleiter, 30 weitere seien speziell für jugendliche Sterbenskranke zuständig. Paulsen: "Das ist nicht genug." Derzeit würden sich hauptsächlich 40- bis 60-Jährige für die ehrenamtliche Hospizarbeit melden, die noch in ihren Berufen aktiv sind. Diese Menschen seien aber nicht spontan und für längere Zeit einsetzbar. Das wiederum sei aber eine Voraussetzung für die Begleitung von Menschen, die beim Sterben begleitet werden wollen.
Die Rechtsanwältin und CDU-Bundestagsabgeordnete Sabine Sütterlin-Waack (Lürschau) verwies vor einigen hundert Tagungsteilnehmern darauf, dass im Zuge eines neuen Gesetzes die ehrenamtliche Hospizarbeit stärker gefördert werden soll. Insbesondere in ländlichen Regionen müsse sie ausgebaut werden.
Auf der Tagung wurde die organisierte Sterbehilfe überwiegend abgelehnt. Es komme vor, dass ein sterbenskranker Patient den entsprechenden Wunsch äußere, sagte Dieter Siebrecht, Oberarzt und Leiter des Zentrums für Schmerz- und Palliativmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Die Patienten wollten in der Regel aber, dass man ihre Schmerzen lindert und auf ihre seelische Not eingeht. Er berichtete von einem Fall, bei der eine Frau den Wunsch nach Selbsttötung nicht mehr äußerte, nachdem sie entsprechend behandelt und begleitet wurde. Siebrecht: "Sie hat sich sogar wieder geschminkt und dem Leben zugewandt."
Auslöser der Debatte sind Sterbehilfevereine
Nach Angaben von Siebrecht gibt es derzeit acht Lehrstühle für Palliativmedizin an deutschen Universitäten. Das seien deutlich zu wenig. Zudem sollten Mediziner und Pflegekräfte mehr Fortbildungen in der Palliativmedizin absolvieren. Siebrecht begrüßte es, dass in der Medizinerausbildung an deutschen Universitäten seit zwei Jahren die Palliativmedizin Pflichtfach ist.
Sütterlin-Waack erläuterte den Berliner Fahrplan für ein neues Sterbehilfe-Gesetz. Die Koalitionsfraktionen (CDU und SPD) haben sich demnach darauf geeinigt, dass die abschließende Befassung im Bundestag im November stattfinden könnte. Zeitlich verknüpft werden könnte die Debatte mit dem von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplanten Gesetz zur Stärkung der Hospiz- und Palliativmedizin.
Es gibt verschiedene Anträge bei der Neufassung des Sterbehilfegesetzes. Überwiegend wird ein Verbot organisierter - sogenannter geschäftsmäßiger - Hilfe beim Suizid angestrebt. Die Unterstützung bei der Selbsttötung ist in Deutschland nicht strafbar. Auslöser der Debatte um eine gesetzliche Regelung sind Sterbehilfevereine wie der des früheren Hamburger Justizsenators Roger Kusch, die ihren Mitgliedern Unterstützung beim Suizid anbieten.
Im Bundestag gibt es aber auch eine Gruppe von Abgeordneten, die auf der anderen Seite Ärzten die Hilfe beim Suizid erlauben wollen, was bislang durch das Standesrecht in der Regel verboten ist. Eine andere Gruppe um die Grünen-Abgeordnete Renate Künast spricht sich darüber hinaus für eine weitere Erlaubnis der Sterbehilfe-Organisationen unter festgelegten Bedingungen aus. Bei der Abstimmung über das Thema soll wie bei ethischen Problemen üblich kein Fraktionszwang gelten.