Nach zweijähriger Sanierung: Romantische Orgel mit Computer-Technik wird eingeweiht
22. März 2015
Eine der spektakulärsten Orgelsanierungen Hamburgs ist in der evangelischen Kirche St. Johannis-Harvestehude zu Ende gegangen. Für 1,3 Mio. Euro wurde in der 1880/82 erbauten Kirche die Epoche der Romantik mit dem Computerzeitalter verschmolzen.
Kino-Klangeffekte auf einer Kirchenorgel sind künftig in der evangelischen St. Johannis-Kirche in Hamburg-Harvestehude möglich. Nach zweijähriger Sanierung und Modernisierung soll die 130 Jahre alte Marcussen-Orgel am Sonntag (22. März, 10 Uhr) wieder eingeweiht werden. 1,3 Millionen Euro Spenden sammelte die Gemeinde - und erhielt dafür eine romantische Kirchenorgel mit Computer-Schnittstelle. "Das ist einzigartig in Norddeutschland und darüber hinaus", freut sich Kirchenmusiker Christopher Bender (35).
Rund 3.500 Orgelpfeifen in 53 Registern wurden neu installiert und intoniert. Eine Stunde dauerte das pro Pfeife. Zuvor wurden rund zwei Kilometer feinstes Holzgestänge im Innenleben der Orgel ausgebessert oder ersetzt. Dafür war das Instrument komplett ausgebaut und in die Werkstatt des Stuttgarter Orgelbaumeisters Konrad Mühleisen transportiert worden. Dort wurde der Spieltisch (drei Manuale und Pedal) mit hochmoderner Technik erweitert.
Keine Orgelmusik vom Band
"Kirchenmusik will Menschen emotional und spirituell erreichen", sagt Bender. Dafür sei es "wichtig, ihnen Vertrautes zu bieten und sie zugleich zu überraschen". Das Konzept der neuen St. Johannis-Orgel versuche, "Tradition und Innovation" zu verbinden. Die Orgel lasse sich spielen wie eine klassische Kirchenorgel, orientiert am spätromantischen Klangideal. Doch zugleich machen moderne Raffinessen das Instrument zu einer Orgel des 3. Jahrtausends.
"Für uns ist die Kirche kein Museum, sondern ein lebendiger Ort für Gegenwart und Zukunft", sagt Bender. Mit der neuen Technik könne die Orgel auch als Schulungs- und Bildungsinstrument genutzt werden. Die Hamburger Jugendmusikschule liegt in direkter Nachbarschaft, zur Hochschule für Musik und Theater ist es nur ein Katzensprung.
Dank moderner Software kann die Orgel ein komplettes Tonstudio ersetzen. Über eine Midi-Schnittstelle lassen sich weitere Instrumente anschließen, die über die Orgeltastatur zu bedienen sind. Live-gespielte Orgel-Improvisationen können digital abspeichert, auf Notenpapier ausgedruckt oder vollautomatisch neu abgespielt werden. Doch "Gottesdienste aus der Konserve" mit vorher gespeicherter Musik wird es mit Bender nicht geben: "Dafür bin ich zu sehr Künstler."
3-D-Gottesdienste sind sein Traum, in denen Musik, Klänge und Geräusche das übrige Geschehen bereichern und ergänzen. Die nahezu unendlichen Möglichkeiten des neuen Instruments fordern die Kreativität geradezu heraus. Etliche Organisten aus dem In- und Ausland haben sich schon nach Gastauftritten erkundigt.
Festgottesdienst und führungen
Zum Festgottesdienst anlässlich der Orgelweihe wird am Sonntag auch der Orgelsachverständige der Nordkirche, Hans-Martin Petersen, erwartet. Abends (19 Uhr) steht das Einweihungskonzert auf dem Programm. Am 29. März (15 Uhr) finden die ersten Orgelführungen für Kinder statt, ab Ende April wird es auch wieder die "Orgelmusik zur Abendzeit" geben, die von Bender-Vorgänger Claus Bantzer (72) initiiert wurden. Bantzer hatte von 1975 bis 2008 als Organist in der Gemeinde gewirkt. Auch die Orgelmusiken zur Marktzeit (donnerstags um 12 Uhr) werden künftig wieder angeboten.