Nordkirchen-Kunstwettbewerb: Preise gehen nach Kiel, Schwerin und Ückeritz
26. Januar 2021
60 Künstlerinnen und Künstler aus dem Gebiet der Nordkirche ließen sich von dem Motto "Von der Kunst die Krise zu deuten" inspirieren und reichten Zeichnungen, Gemälde, Installationen, Videos und Audiofiles ein. Heute Vormittag (26. Januar) vergab die Jury bei einer digitalen Feier die Preise.
Bernd Engler (Ückeritz bei Demmin) und die Teams Shirin Goldstein (Schwerin)/Marc Wiesel alias W1353L sowie Achim Kirsch (Windeby)/Stina Kurzhöfer (Kiel) sind die Preisträger des ersten Kunstwettbewerbs der Nordkirche. Sie erhalten jeweils 2000 Euro. Den mit 1000 Euro dotierten Sonderpreis der Jury erhält die Kielerin Lisa Hoffmann.
"Kunst ist wichtig, um aus der Erstarrung herauszufinden"
Video: "Kinetisches Objekt: WARTEN AUF OSTERN"Video: Sie tanzen
Jurymitglied Tilman Jeremias sprach bei der Preisverleihung eine Laudatio. Dabei dankte der Greifswalder Bischof den Organisatoren und Künstlern: "Ich bin begeistert von der Vielzahl der Einsendungen und der breiten Palette an künstlerischen Ausdrucksformen, die sich alle auf einzigartige Weise mit der aktuellen Coronakrise auseinandersetzen. Als wohltuend in dieser Zeit empfand ich die spielerischen und humorvollen Ansätze vieler Kunstwerke. So haben gleich zwei unserer Preisträger das Thema als eine Art Tanz umgesetzt. Die Einsendungen haben uns als Jury gezeigt, wie wichtig Kunst ist, um aus der Erstarrung herauszufinden."
"Bei den meisten Beiträgen überwiegt die Hoffnung"
Die Initiatorin des Wettbewerbs, Anna Luise Klafs, freut sich über die große Resonanz. "Am 31. Dezember, unserem Einsendeschluss, gingen noch bis 23 Uhr die letzten Kunstwerke ein", erzählt sie. Die Studienleiterin der Nordkirche hat Theologie und Musiktheater studiert. Sie erzählt von den Abstimmungen innerhalb der Jury, die sich aus Theologen und Künstlerinnen zusammensetzte: "Für uns kristallisierte sich bald ein wichtiger Unterschied zwischen Kunst und Religion heraus: Religion ohne Trost wäre trostlos, doch Kunst ist nicht darauf angewiesen, Trost zu spenden, sie ist da freier.“
Ernst aber nicht deprimierend
Obwohl die Künstlerinnen und Künstler das Thema Coronakrise durchaus ernst genommen hätten, seien die Einsendungen nicht deprimierend. Anna Luise Klafs: "Bei den meisten Beiträgen überwiegt die Hoffnung. Viele spielen mit den Polaritäten, die diese Krise mit sich bringt – etwa Schutz und Abgrenzung, Nähe und Distanz, Hilflosigkeit und Kreativität“.
Während Bischof Jeremias eine theologisch begründete Laudatio hielt, sprach Susanne Burmester als Laudatorin mit künstlerischem Hintergrund. Als Galeristin, Kuratorin und künstlerische Leiterin des Rügener Kunstvereins CIRCUS EINS ist ihr die Situation der Künstler vertraut: "Die meisten bildenden Künstlerinnen und Künstler arbeiten mehr oder weniger am Existenzabgrund und leben prekär. Das hat sich durch die aktuelle Krise nicht verändert. Allerdings gibt es ein großes Unverständnis dafür, dass Museen und Kunstvereine nicht öffnen können. Dass Kunst als nicht systemrelevant und zu den Freizeitaktivitäten gezählt wird, sagt viel darüber aus, welchen Stellenwert Kultur für uns hat."
Krisen deuten
Ein Wettbewerb, wie ihn die Nordkirche veranstaltet hat, sei derzeit umso wichtiger: "Schon das Motto formuliert positiv, dass Künstlerinnen und Künstler etwas beitragen können. Man vertraut auf ihre Erfahrung und wünscht ihre Expertise für die Gesellschaft, um Krisen zu deuten." Susanne Burmester ist davon überzeugt, dass Künstlerinnen und Künstler einen einzigartigen Beitrag zum Umgang mit Corona liefern können: "Die Kunst hält die Ambivalenzen, das Unfertige aus. Sie will keine Antworten liefern, sondern öffnet den Raum für Fragen."
"Grüblerische Auseinandersetzungen, wie wir sie alle kennen"
Bernd Englers "Kinetisches Objekt: Warten auf Ostern" besteht aus einer Metall-Skulptur: ein Kopf, in dem zwei Plastik-Eier durch das wiederholte Spannen einer Feder ziellos herumfliegen. "Es erinnert an grüblerische Auseinandersetzungen, wie wir sie alle kennen", so Laudatorin Susanne Burmester. Engler reflektiere die psychische Situation, in der alle momentan stecken.
In ihrer multimedialen Präsentation "Sie tanzen" wechseln Achim Kirsch und Stina Kurzhöfer ständig zwischen analogen und digitalen Formaten. Ausgehend von ihrem eigenen Tanzen bearbeiteten sie die Aufnahmen malerisch und zeichnerisch. Daraus entstand eine virtuelle Tanzchoreographie.Shirin Goldstein und Marc Wiesel gewannen mit einer multimedialen Rauminstallation: Ein großes Tableau aus Fotografien, in dem die Künstler mit messerscharfem Stacheldraht agieren.
Der Sonderpreis der Jury zeichnet das Werk "Covid 19 Woche 0-VI" aus. Jedes dazugehörige Bild besteht aus mehreren hundert, übereinandergelegten Fotos, die in der jeweiligen Woche weltweit in Medien veröffentlicht wurden.
Im Februar wird die Nordkirche einen Zusammenschnitt aller Einsendungen auf youtube veröffentlichen. Die Kunstwerke sollen ab dem Sommer nordkirchenweit in verschiedenen Kirchen ausgestellt werden.