Umwelt-Enzyklika

Papst prangert Kapitalismus an – Zustimmung bei der EKD

Bei Umweltfragen hat die Politik versagt, kritisiert Papst Franziskus
Bei Umweltfragen hat die Politik versagt, kritisiert Papst Franziskus© iStock

18. Juni 2015 von Timo Teggatz

Rom/Hamburg. Es ist eine Premiere: Als erster Papst der Geschichte widmet Franziskus eine Enzyklika dem Thema Umwelt. Mit scharfen Worten prangert er die zerstörerischen Folgen des Kapitalismus an. In Sachen Klimaschutz ist die Nordkirche indes bereits aktiv geworden.

In seiner mit Spannung erwarteten Umwelt-Enzyklika übt Papst Franziskus scharfe Kritik am kapitalistischen Wirtschaftssystem. Durch den "unverantwortlichen Gebrauch und Missbrauch" der Natur durch den Menschen gebe es vor allem für die Armen in den Entwicklungsländern negative Folgen, erklärt Franziskus in dem Lehrschreiben, das im Vatikan vorgestellt wurde. Der Potsdamer Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber betonte bei der Präsentation die Verantwortung wohlhabender Länder für die ärmeren.

Das rund 220 Seiten umfassende Rundschreiben ist die zweite Enzyklika des seit März 2013 amtierenden Franziskus und die erste, die ein Papst dem Thema Umwelt widmet. Sie trägt den Titel "Laudato si - Über die Sorge für das gemeinsame Haus".

Franziskus: Politik hat versagt

In dem Dokument wirft der Papst der Politik vor, bei Umweltfragen versagt zu haben, indem sie sich Technologie und Finanzwelt untergeordnet habe. Das Prinzip der Profitmaximierung stelle eine "Verzerrung des Wirtschaftsbegriffs" dar. Er fordere daher "jeden Menschen, der auf diesem Planeten wohnt", zum Verzicht auf übermäßigen Konsum auf. "Die Erde scheint sich immer mehr in eine unermessliche Mülldeponie zu verwandeln", schreibt Franziskus.

Heutige Generationen seien mit der Überzeugung aufgewachsen, sie seien "Eigentümer und Herrscher" über die Natur, die sie ausbeuten dürften, beklagt das Oberhaupt der katholischen Kirche. Durch die Verbrennung fossiler Energieträger hätten die Menschen in den modernen Industriegesellschaften den Klimawandel jedoch selbst verursacht, der nun die Bevölkerung von Entwicklungsländern zu Flüchtlingen mache.

EKD: "Große Zustimmung zu Kernaussagen"

Der Klimaforscher Schellnhuber sagte, das Lehrschreiben komme in einem "entscheidenden Moment für die Geschichte der Menschheit". Es sei notwendig, die Erderwärmung unter zwei Grad Celsius zu halten und gleichzeitig die Entwicklung in armen Ländern zu fördern. Die Lösung des Problems sei sowohl technisch, als auch wirtschaftlich möglich.

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hat die Klimatschutz-Offensive des Papstes begrüßt. Die Kirchen hätten "von ihrem Auftrag her die Verpflichtung, sich in diesem aktuellen Prozess politischer Willensbildung einzubringen", sagte Bedford-Strohm.

Der Ratsvorsitzende drückte seine "große Zustimmung zu den Kernaussagen" aus und wünschte dem knapp 200 Seiten starken Werk "von Herzen eine breite internationale Aufmerksamkeit". Jenseits "unterschiedlicher theologischer Traditionen" verbinde die christlichen Kirchen in der Welt die "gemeinsame Leidenschaft für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine gerechte Ordnung der weltweiten Wirtschaftsbeziehungen". 

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hob die besondere Verantwortung der wohlhabenden Länder hervor, weil sie die Umwelt stark belasteten. Die Enzyklika sei Ansporn für alle, sich für engagierten Umwelt- und Klimaschutz einzusetzen.

Was die Nordkirche für den Klimaschutz macht

Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat sich bereits im Jahr 2008 eigene Klimaschutzziele gesetzt: Bis 2015 sollte ein Viertel der innerkirchlichen CO2-Emissionen eingespart werden, auf der Basis des Jahres 2005. Im vergangenen Herbst hob die Synode diese Vorgabe noch einmal an. Bis 2020 sollen nun 40 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen werden als noch 2005. Viele Landeskirchen orientieren sich an diesen Zielen. Finanzielle Hilfe bekommen sie dabei häufig aus den Fördertöpfen der Nationalen Klimaschutzinitiative der Bundesregierung.

Die Nordkirche konnte ihren CO2-Ausstoß zwischen 2005 und 2010 um knapp 13 Prozent auf rund 170.000 Tonnen senken. Ehrgeiziges Fernziel: Bis 2050 will die Kirche klimaneutral werden. Ob das gelingt, hängt nach den Worten des Umweltbeauftragten Jan Christensen von den Entscheidungen der Landessynode im September ab. Dort soll das erste kirchliche Klimaschutzgesetz Deutschlands beschlossen werden, inklusive Finanzierung. "Klimaschutz benötigt professionelles Personal", sagt Christensen. Dafür müsse die Einsicht, dass sich diese Investition auch rechnet, "noch überall ankommen".

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