Schulfach Ehrenamt – Lübecker Modellprojekt besucht Kloster
02. Februar 2024
Die 10. Klasse des Lübecker Johanneums probiert etwas Neues: Sie sind die ersten mit dem Wahlpflichtfach "Ehrenamt". Genutzt haben sie es unter anderem, um im Kloster Nütschau mit dem Jugendpfarramt des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg einen Jugendleiter-Kurs (Juleica) zu absolvieren.
Wenn Mathea über ihr Ehrenamt spricht, bekommt sie leuchtende Augen. Die 15-Jährige arbeitet als Teamerin in der Kirchengemeinde St.-Lorenz in Travemünde. „Ich finde die Gemeinschaft total schön und habe eine enge Bindung zu meiner Betreuerin und den anderen Teamer:innen”, erzählt Mathea.
Pilotprojekt mit Erfolgsaussicht
Das war auch der Grund, warum sich Mathea und ihre 24 Mitschüler:innen vor eineinhalb Jahren für das Schulfach Ehrenamt entschieden haben. Sie sind die erste Klasse, die das zweijährige Wahlpflichtfach am Johanneum durchläuft.
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Viele der Schüler:innen waren schon vorher ehrenamtlich aktiv, manche haben sich ihr Ehrenamt erst gesucht. Die Mischung der Ehrenämter ist bunt: Von der Mithilfe im Kindergarten, über Sanitätsdienst an der Schule, Nachhilfe und Kinderturnen, bis zur Unterstützung von Senioren und Geflüchteten oder der Arbeit in der „Küche für alle”.
Junge Menschen geben ihr Wissen weiter
Dank einer Kooperation mit dem Jugendpfarramt des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg, hat die Klasse nun auch die Möglichkeit zur Juleica-Schulung bekommen. Die Jugendleiter:in-Card (Juleica) ist ein bundesweit einheitlicher Ausweis für ehrenamtliche Mitarbeiter:innen in der Jugendarbeit. In der Ausbildung wird Basiswissen für das praktische ehrenamtliche Engagement in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vermittelt.
Die 16-jährige Pia gibt ihrer ukrainischen Mitschülerin ehrenamtlich Nachhilfe im Fach Englisch: „Ich hoffe, dass ich dadurch wachsen und neue Erfahrungen mitnehmen kann. Die Juleica hat mich sehr interessiert. Ich bin froh, dass ich das gewählt habe.“
Schüler:innen entwickeln sich persönlich weiter
Viele der Schüler:innen sehen das Fach als willkommene Möglichkeit, auch mal außerhalb der Schule aktiv zu werden. So auch der 15-jährige Max, der im Gemeinschaftshaus Nachtigallenstieg beim Familienturnen mithilft oder Mathilda (15), die Senior:innen die Bedienung von Smartphones erklärt: „Das macht total viel Spaß – für mich ist es leicht und ich kann ihnen helfen.”
Nach dem Frühstück hat sich die Klasse an diesem verschneiten Januarmorgen im Gruppenraum des Jugendhauses versammelt. Nach einer kurzen Aufwärmphase geht es auch schon an die Inhalte: Wie funktionieren Gruppen? Welche Phasen gibt es in einer Gruppe und welche Rolle hat der oder die Gruppenleiter:in? All das erarbeiten Katharina Schneider und Holger Wöltjen vom Jugendpfarramt mit den Jugendlichen anhand von Theorie- und Praxisübungen.
Außerschulische Erfahrungen sind wichtig
„Die Jugendlichen machen es uns leicht, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Sie haben viel Interesse und Motivation für die verschiedenen Themeninhalte“, schildert Bildungsreferentin Katharina Schneider. „Die Juleica vermittelt verschiedene Kompetenzen: Persönlichkeitsentwicklung, Organisation, Sozialkompetenz, Pädagogik. Das ist das Tolle.“
Der viertägige Juleica-Kurs bildet die perfekte Ergänzung im Schulfach Ehrenamt findet Lehrerin Kathrin Maetzel, die das Fach mit ins Leben gerufen hat: „Wir machen hier Erfahrungen, die man sonst im normalen Schulalltag nicht machen kann. Es geht viel um Selbst- und Fremdwahrnehmung und darum, den Methodenschatz zu erweitern und sicherer zu werden.“
Finanziert wurde der Juleica-Kurs unter anderem durch Elternbeiträge, den Schulverein und durch eine Spende der Michael-Haukohl-Stiftung.
Ehrenämter sind wertvoll
Im Schulalltag wird die ehrenamtliche Praxis ergänzt durch theoretische Einheiten – wie etwas Rechtskunde und Jugendschutz. „Das Fach trägt dazu bei, zu wachsen", schildert Kathrin Maetzel. „Die Entwicklung ist in den zwei Jahren wirklich rasant!“
Und auch Katharina Schneider ist überzeugt: „Ehrenamt ist sowas Kostbares. Je früher sich Menschen engagieren, desto mehr sind sie später im Leben dazu bereit, daran anzuknüpfen. Wir freuen uns sehr, dass die Schule uns als Kooperationspartner angefragt hat.“
Diskussion über spirituelle Themen
Jeder Tag endet mit einem Tagesfeedback und einem Themenimpuls, den die Jugendlichen im Vorfeld bestimmt haben. Gibt es Gott? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Schule und Leistung – was zählt im Leben? Manche der Fragen werden noch bis spät in die Nacht am Küchentisch oder im Flurgespräch weiter diskutiert.