Situation der Frauen in Ägypten: Stummer Schrei nach Freiheit
06. März 2014
Hamburg. Mussten die Israeliten bei ihrem Auszug aus Ägypten noch durch das Schilfmeer fliehen, hatten es deutsche Sinai-Urlauber dieser Tage vergleichsweise bequem. Für ihren Ausflug aus Ägypten hatten die Tourismusanbieter nach einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes eigens Sondermaschinen bereitgestellt. Die Ursachen für die übereilte Abreise waren gestern wie heute dieselben: Auch mehr als 3000 Jahre nach dem biblischen Exodus ist die Freiheit der jeweils Andersglaubenden in dem nordafrikanischen Land zum Teil massiv bedroht.
In welcher Weise insbesondere Frauen in Ägypten gefährdet sind, und welche Hoffnungen sie mit dem arabischen Frühling verbinden, damit beschäftigt sich der diesjährige Weltgebetstag der Frauen.
In rund 500 Gottesdiensten und Andachten feiern Christinnen und Christen in der Nordkirche ab Freitag den Weltgebetstag der Frauen. "Wasserströme in der Wüste" ist das Motto von Frauen aus Ägypten, die dieses Jahr die Forderungen der ägyptischen Revolution in den Mittelpunkt stellen: Freiheit, menschliche Würde, soziale Gerechtigkeit. "Alle Menschen in Ägypten, christlich und muslimisch, sollen erleben, dass Frieden und Gerechtigkeit sich Bahn brechen wie Wasserströme in der Wüste", betonen die Veranstalter.
Am Anfang stand der gemeinsame Protest für die Freiheit
Der ersehnte Aufbruch in dem von Krisen geschüttelten Land lässt indes weiter auf sich warten: Als am vergangenen Sonnabend in Ägypten die neue Regierung von Ministerpräsident Ibrahim Mahlab vereidigt wurde, standen mit ihm 20 Minister in einer Reihe, die auch schon in der gescheiterten Vorgängerregierung in Amt und Würden waren. Darunter auch der von Menschenrechtlern heftig kritisierte Innenminister Mohammed Ibrahim. Er zeichnet für die blutigen Polizeieinsätze verantwortlich, bei denen seit dem Sturz Mursis mindestens 1400 Demonstranten getötet wurden.
Die Hoffnungen der Frauen in Ägypten seien nach dem „Arabischen Frühling“ enttäuscht worden, meint auch der koptische Bischof Anba Damian. In der Regierungszeit des islamischen Präsidenten Mohammed Mursi seien sie durch Übergriffe systematisch eingeschüchtert worden: "Die Moslembrüder haben Frauen mit versuchten Vergewaltigungen bewusst in Angst gesetzt, damit sie nicht mit demonstrieren." Die Lage habe sich aber auch unter der Militärregierung nicht gebessert, beklagte Damian. Besonders Frauen, die kein Kopftuch tragen und damit als Christinnen zu erkennen sind, würden auf der Straße angegriffen.
"Frauen in Ägypten haben weder Schutz noch Rechte"
In mehr als 170 Ländern wird am ersten Freitag im März der Weltgebetstag gefeiert. In rund 2000 Kirchengemeinden in Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen wird dieser seit Monaten in überkonfessionellen Workshops vorbereitet. Julia Lersch, Referentin für den Weltgebetstag im Frauenwerk der Nordkirche, erinnerte im Vorwege des Weltgebetstages an die Anfänge des arabischen Frühlings: "Dass Christinnen und Muslime, Liberale und Konservative, Arme und Reiche, Frauen und Männer 2011 und auch 2013 gemeinsam protestierten, war wichtig für Ägyptens Gesellschaft. In Ägypten, aber genauso bei uns in Deutschland, geht es immer wieder um die Frage: Wie können verschiedene Religionen und Kulturen friedlich zusammen leben?" Das Weltgebetstagsmotto lade dazu ein, gemeinsame Quellen zu suchen, statt auf das Trennende zu schauen.
"Frauen in Ägypten haben weder Schutz noch Rechte", so der koptische Bischof Anba Damian. Der Weltgebetstag solle ein Signal für die Ehre, Würde und den Schutz der Frauen in der gesamten arabischen Welt setzen.