Obdachlosigkeit

Straßenmagazin "Hempels" wird 25 Jahre alt

Die Jubiläumsausgabe ist mit 48 Seiten extra dick.
Die Jubiläumsausgabe ist mit 48 Seiten extra dick.© Hempels

19. Januar 2021 von Nadine Heggen

Das schleswig-holsteinische Straßenmagazin "Hempels" wurde im Februar 1996 gegründet. Mit einer Jubiläumsausgabe will die Redaktion die 25-jährige Geschichte der Obdachlosenzeitung Revue passieren lassen.

Die kleine Kieler Redaktion des Straßenmagazins "Hempels" hat viel zu feiern: Seit der ersten Ausgabe vor 25 Jahren im Februar 1996 hat sich die Auflage auf heute 20.000 Exemplare vervierfacht. Insgesamt 1.500 Wohnungslose in ganz Schleswig-Holstein konnten sich seitdem über den Verkauf der Zeitung etwas dazuverdienen.

Chefredakteur Peter Brandhorst ist einerseits stolz auf diesen Erfolg. Andererseits wünscht er sich, dass es Straßenmagazine in Deutschland nicht geben müsste.

250 Verkäufer in Schleswig-Holstein unterwegs

Etwa 250 Frauen und Männer verkaufen derzeit zwischen Flensburg und Norderstedt das 40-seitige Heft, das monatlich erscheint. Die Verkäufer leben vom Hartz-IV-Satz (424 Euro), sind in finanziellen oder sozialen Schwierigkeiten und oft wohnungslos. Sie gehen durch Restaurants, stehen vor Supermärkten oder auf Wochenmärkten. 2,20 Euro kostet die Zeitung, 1,10 Euro gehen direkt an den Verkäufer.

Hempels-Cover aus den vergangenen Jahren.© Hempels

Auf dem Titel ist immer ein Mensch zu sehen, um den sich der Aufmacher dreht. Das kann ein junger Unternehmer sein, ein fußballverrückter Lehrer oder auch ein Prominenter. Der "human touch" ist Chefredakteur Peter Brandhorst wichtig. Geschichten über Menschen bleiben beim Leser hängen. Die Titelgeschichte wird ergänzt durch Interviews und aktuelle Meldungen, hauptsächlich aus dem sozialen Bereich.

Geschichte und Geschichten im Jubiläumsheft

Eigentlich war zum 25. Geburtstag ein großes Fest geplant, doch das liegt wegen der Corona-Pandemie auf Eis. Mit einer 48-seitigen Jubiläumsausgabe will die Redaktion im Februar die Geschichte des Magazins Revue passieren lassen und langjährige Verkäufer porträtieren. Den 87-jährigen Günther etwa, gelernter Möbelpacker aus Eckernförde, der mit dem Hempels-Verkauf seine schmale Rente aufbessert. Oder Hans (60) aus Husum, der über "Hempels" wieder Anschluss in der Gesellschaft gefunden hat.

"Es freut mich, wenn Menschen über 'Hempels' wieder auf die Füße kommen. Dafür mache ich den Job", sagt Brandhorst. Viele bleiben lange bei "Hempels". Durch gesundheitliche Einschränkungen können sie nicht zurück auf den ersten Arbeitsmarkt. Wenn Verkäufer den Absprung schaffen, erfährt Brandhorst das nicht immer. Oft verschwinden die Verkäufer einfach. Sie erinnern sich vermutlich mit Scham an die Zeit auf der Straße.

Erste Ausgabe von Obdachlosen geschrieben

Die erste Ausgabe im Februar 1996 hatten Obdachlose noch selbst geschrieben und geheftet. Sie hatten sich von dem Hamburger Straßenmagazin "Hinz&Kunzt" inspirieren lassen, das 1993 an den Start gegangen war.

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Das erste Ausgabe des Straßenmagazins Hempels.© Hempels

Der Name "Hempels" steht für die ungeordneten, teils chaotischen Lebensumstände der Verkäufer - in Anlehnung an die Redewendung "Hier sieht's aus wie bei Hempels unterm Sofa." Das Konzept lief zunächst gut, die ersten 5.000 Stück waren schnell verkauft. Die Themen kreisten aber ausschließlich um Obdachlosigkeit und Arbeitsplatzverlust. Der Leserkreis war begrenzt.

Vor 17 Jahren übernahm der ausgebildete Journalist und Soziologe Peter Brandhorst den Posten des Chefredakteurs. Der Hamburger professionalisierte das Blatt, erweiterte das Themenspektrum und steigerte die Auflage immens. Heute arbeitet er mit einem festen Redakteur, einer Grafikerin und freien Schreibern und Fotografen zusammen.

Der Verkauf des Magazins ist für die Wohnunglosen ein niedrigschwelliges Arbeitsangebot, durch das sie wieder Struktur in ihr Leben bringen können. Die Zeitung gehört dem Verein Hempels, der auch Träger weiterer sozialer Projekte ist. Zu den Partnern des Vereins zählen Diakonie,  Caritas und  Stadtmission.

Immer mehr Menschen leben auf der Straße

"Anfangs hatte ich gehofft, dass wir nach einigen Jahren überflüssig sind", sagt Brandhorst. Doch das Gegenteil war der Fall. Die Aufmerksamkeit für die Not der Menschen sei zwar gestiegen, so der Journalist. "Es gibt aber immer mehr Betroffene."

10.000 Obdachlose und akut von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen leben heute in Schleswig-Holstein. Darunter Rumänen, Polen, Bulgaren, die es früher nicht gab. Hinzu kommen "Inselflüchtlinge", die im Sommer saisonbedingt einen Job haben und im Winter arbeitslos sind. In viele Städten fehlt zudem bezahlbarer Wohnraum.

"Hempels" wird also vermutlich noch viele Geburtstage feiern.

 

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