Synoden-Präses Tietze: "Kompromissformel füllt eine Lücke"
02. Oktober 2014
In der kommenden Woche stimmt der Landtag von Schleswig-Holstein über den Gottesbezug in der Verfassung ab. Andreas Tietze, Präses der Nordkirchen-Synode und Grünen-Abgeordneter, hat mit Kollegen einen Kompromiss vorgeschlagen. Im Interview mit der Evangelischen Zeitung erläutert er ihn.
Sie haben mit einer interfraktionellen Gruppe von Abgeordneten eine Kompromissformel für die Präambel entworfen. Wie stehen die Chancen?
Andreas Tietze: Die Kompromiss-Formel hat zum Ziel, noch unentschlossene Abgeordnete zu gewinnen. Sie orientiert sich an zwei Leitlinien. Sie nimmt die Formel des Grundgesetzes auf, „in der Verantwortung vor Gott“, lässt dann jedoch das „und“ in „vor den Menschen“ fort. Sie nimmt dadurch eine Aufzählung vor und stellt zudem einen Bezug zur Diskussion über die Europäische Verfassung durch den Verweis auf das religions- und geistesgeschichtliche Erbe Europas her. Die Verfasser der Kompromiss-Formel, zu denen auch ich gehöre, stellen den Gottesbezug in einen allgemein religiös-philosophischen Zusammenhang.
Jeder kann durch diese Formel „nach seiner Facon selig werden“ und sich rauspicken, was ihm passt. Man könnte das beliebig nennen. Wie verstehen Sie die Formel?
Nein, diese Formel ist nicht beliebig, sie füllt eine Lücke. Ohne Gottesbezug gäbe es keine Demutsformel. Und das ist für uns der entscheidende Aspekt. Wir verstehen uns nicht in erster Linie als Christen, sondern bewusst als Abgeordnete, die demokratische Entscheidungen zu treffen haben unter der Fragestellung: Stehen diese nur im Kontext der eigenen Verantwortung, oder gibt es auch Entscheidungen, die auf eine transzendente Ebene abzielen? Und da sagen wir: Diese transzendente Ebene nennen wir Gott. Wir haben also die Bandbreite erweitert. Die Demutsformel soll in der Verfassung aufgenommen werden, der allgemeine Bezug zum religiösen, philosophischen und humanistischen Erbe wird sie hoffentlich konsensfähig machen.
Wie werden Sie abstimmen?
Ich werbe für den Kompromiss und werde natürlich dafür stimmen. Ich werde meine Zustimmung zur Verfassung allerdings nicht vom Gottesbezug in der Präambel abhängig machen, wenn die Mehrheit ihn nicht mittragen sollte. Andere Kollegen mögen das anders entscheiden. Ich freue mich aber auf diese Sternstunde des Parlamentes, in die wir mit einer offenen Debatte hineingehen. Einige Kollegen werden sich gewiss noch anders entscheiden. Diese Spielräume sind im professionellen Politikbetrieb eher selten. Im Rückblick bin ich froh, mich seinerzeit bei der Entscheidung der Landessynode enthalten zu haben. Das gibt mir jetzt die Freiheit, für den Kompromiss zu werben.
Info
Das komplette Interview mit Andreas Tietze lesen Sie in der Evangelischen Zeitung, die am Sonntag, 5. Oktober, erscheint. Ein kostenloses Probeabo können Sie <link http: www.paradiso.de evangelischezeitung-abonnieren _blank link-extern>hier bestellen.