Sommerkirche: Neues Leben in einer alten Kirche:

Wie ein Kulturfestival in einer Kirche ein Dorf zum Aufblühen bringt

Bunte Wegweiser vor der Kirche von Recknitz sind Hinweise auf das Projekt Kultur.Feldstein.Kirche. An den Veranstaltungswochenenden füllen zahlreiche Menschen das einladende Gelände rund um die Kirche mit Leben und guter Laune.
Bunte Wegweiser vor der Kirche von Recknitz sind Hinweise auf das Projekt Kultur.Feldstein.Kirche. An den Veranstaltungswochenenden füllen zahlreiche Menschen das einladende Gelände rund um die Kirche mit Leben und guter Laune. © Antje Wendt, Nordkirche

31. Juli 2025 von Antje Wendt

In einem kleinen Dorf südlich von Rostock entsteht Großes: Aus einer denkmalgeschützten Kirche wird ein lebendiger Kulturort. Mit Konzerten, Kunst, Kino und kreativen Gottesdiensten bringt ein engagiertes Team Leben in die alten Mauern – und zieht Menschen aus der Region und darüber hinaus an.

Eine Kirche – und eine Idee

Ca. 40 km südlich von Rostock liegt die kleine Dorfkirche von Recknitz – einem abgelegenen Ort mit etwa 70 Einwohnerinnen und Einwohnern und gerade einmal 30 Häusern. Viel Ruhe und Beschaulichkeit prägen diesen Ort. Diesen Eindruck vermittelt auch die 800 Jahre alte Kirche.

Dass sie heute so gut erhalten ist, verdankt sie einer umfassenden Sanierung, die bereits vor 1989 begann und sich letztlich über drei Jahrzehnte erstreckte. Die letzte Etappe galt dem Innenraum der Kirche – und stand unter einem besonderen Vorzeichen: Die finanzielle Förderung war an die Auflage geknüpft, vor Ort neue kulturelle Formate anzubieten. Die Corona-Pandemie brachte ausreichend Zeit mit sich, um ein Konzept für diese Auflage zu entwickeln.

Ein Banner mit dem Schriftzug "Recknitz" ist an einer Kirchenmauer besfestigt.
Ein großes Banner weist auf das Gelände des Kulturfestivals in Recknitz.© Elisa Peters, Kultur.Feldstein.Kirche.Recknitz

Ein Netzwerk der Möglichkeiten

Der gebürtige Berliner Axel Meier studierte Musik in Rostock – und nutzte diese Zeit, um als freischaffender Schlagzeuger zahlreiche Kontakte zur dortigen Künstlerszene zu knüpfen. Dieses Netzwerk kam ihm zugute, als ihm die Aufgabe übertragen wurde, ein Konzept zur kulturellen Belebung der Kirche in Recknitz zu entwickeln. Mit einer halben Stelle ist er heute künstlerischer Leiter des Festivals und arbeitet eng mit dem örtlichen Pfarrteam zusammen.

Vom Dornröschenschlaf zum Kulturfestival

Mittlerweile geht die Umsetzung des Konzepts ins vierte Jahr. Workshops, Theater, Kunstausstellungen und -installationen, Grillabende, Märkte, Filmvorführungen, Konzerte und viele weitere Angebote umfasst das Kulturfestival Kultur.Feldstein.Kirche RECKNITZ. Immer am ersten Wochenende im Monat – von Mai bis Oktober – erwachen die Kirche und der umliegende kleine Park aus ihrem Dornröschenschlaf. Buntes Treiben kehrt ein. Unter den alten Bäumen sind dann eine Bar in einem alten Schiffscontainer, eine Grillbude, Pavillons mit Bierzeltgarnituren und eine Bühne zu finden. 

Ein großes Sonnensegel in einer Grünfläche, rundherum Ausstattungsstücke für das Festival.
Lichterketten, Wimpel, Sonnensegel, Feuerkörbe und bunt bemalte Wegweiser sorgen für ein farbenfrohes Bild.© Elisa Peters, Kultur.Feldstein.Kirche.Recknitz

Kirche ganz anders

Schon hier wird deutlich: In Recknitz ist vieles ein wenig anders – für die Ausstattung werden Secondhand-Materialien und gebrauchte Möbel verwendet. Liebevoll gestaltete, kreative Details statt Perfektionismus prägen das Gesamtbild. Das gilt nicht nur für die äußere Gestaltung des Festivals, sondern auch für die Inhalte. 

Menschen liegen und sitzen auf Matratzen im Kirchengebäude und klatschen
Haben Sie schon einmal ein Liegekonzert besucht, bei dem man, gemütlich eingekuschelt im mitgebrachten Schlafsack, in der Kirche der Musik lauscht?© Elisa Peters, Kultur.Feldstein.Kirche.Recknitz

Nachhaltig und wandelbar

Das Konzept entstand auch aus den Gegebenheiten vor Ort: Es gab weder Imbissangebote noch sanitäre Anlagen. Die Idee, einen alten Schiffscontainer zu nutzen, verbindet mehrere Aspekte. Neben dem gewünschten optischen Kontrast spielt vor allem der Nachhaltigkeitsgedanke eine zentrale Rolle. Und sollte der Container eines Tages nicht mehr benötigt werden, lässt er sich unkompliziert abtransportieren und weiterverwenden.

Blick über den Tresen einer Bar, die in einem Schiffscontainer ist. Zwei Kunden erhalten gerade Getränke
Ein alter Schiffscontainer wurde zur Bar umfunktioniert.© Elisa Peters, Kultur.Feldstein.Kirche.Recknitz

Um die denkmalgeschützte Kirche für die neuen Formate herzurichten, wurden zahlreiche Licht- und Tonkabel dezent verlegt. Außerdem trennte man sich von den fest montierten Kirchenbänken. Stattdessen ermöglichen Stühle nun eine flexible Bestuhlung – im Kreis, locker gestellt, in Reihen oder auch mal ganz ohne. So entstand ein multifunktionaler, wandelbarer Raum.

Eine dunkler Kirchenraum ist in blaues Licht getaucht. Besucherinnen und Besucher hören einer Gitarrenspielerin zu
Im Inneren der Kirche finden zahlreiche Veranstaltungen statt. © Elisa Peters, Kultur.Feldstein.Kirche.Recknitz

Ein Ort blüht auf

Bericht über die Eröffnung 2022

„Ich finde es unglaublich schön, wie der Ort hier aufblüht“, sagt Axel Meier mit Begeisterung. „Allein zur Eröffnung an Ostern 2022 kamen 500 Menschen. Und wer herkommt, geht mit einem Lächeln – und kommt wieder. Deshalb sind unsere Besucherinnen und Besucher unsere besten Werbepartner.“

Seit 2022 steigen die Besucherzahlen stetig. Menschen jeden Alters finden den Weg nach Recknitz. Vertrautes und Neues, Kirchliches und Weltliches begegnen sich hier auf lebendige, unterhaltsame Weise. Ein Projekt, das zeigt, wie Kirche sich öffnet und zu einem Gute-Laune-Ort wird.

Eine Ausstellung mit Gemälden bringt Farbe in das Kirchengebäude.© Elisa Peters, Kultur.Feldstein.Kirche.Recknitz

Kultur, Kirche – und Kuchen

Trägerin des Projekts ist die Kirchengemeinde Laage. Drei hauptamtliche Mitarbeitende kümmerten sich bislang um Organisation und Durchführung – kurz: um alles, was dazugehört. Doch ohne rund zehn sehr engagierte Ehrenamtliche sowie ca. 80 Helferinnen und Helfer aus der Region wäre das nicht zu bewältigen – darunter beispielsweise das engagierte Bäckerinnenteam, das das umfangreiche Buffet mit ausschließlich selbst gebackenen Kuchen bestückt.

Zwischen Gin Tonic und Gemeinschaft

Auch Gottesdienste finden weiterhin in der alten Kirche statt – hier heißen sie nur anders: etwa „Auszeit mit Gin Tonic“ oder „Sonntagsbegegnung mit Mitbring-Brunch“. Der historischen Kirche in Recknitz ist es gelungen, mehr als nur ein Dorfmittelpunkt zu sein. Denkmalpflege und Innovation, Gemeinschaft und regionale Entwicklung fügen sich hier zu einem stimmigen Ganzen. Das Projekt fördert Kultur und Kunstschaffende, bringt neues Leben in die alten Mauern – und verbindet Menschen aus der Region und darüber hinaus.

Ein eSaxophonistin spielt vor Publikum. Sie steht vor einer Kirchenmauer. Das Publikum sitzt auf dem Rasen.
Auch Kleinkunst kommt in Recknitz nicht zu kurz.© Elisa Peters, Kultur.Feldstein.Kirche.Recknitz

„Natürlich gibt es auch Schwierigkeiten“, sagt Axel Meier. Besonders herausfordernd sei es, die Finanzierung jedes Jahr aufs Neue zu sichern. „Da wünsche ich mir manchmal finanzkräftige Sponsoren, die uns langfristig unterstützen. Aber wenn mich jemand, der etwas Ähnliches plant, nach einem Tipp fragen würde, dann wäre mein Rat: einfach anfangen. Mit Freude und Energie – einfach machen.“

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