"Magdalenensekunden" - Augenblicke, die Gewissheit und Hoffnung geben
31. März 2013
Ostern richtig feiern ist nicht einfach. Ich weiß ja schließlich, dass es nicht um Hasen und Eier geht, deswegen bleiben die bis zum Ostersonntag auch brav in der Kiste. Zum Osterfrühstück geht es dann in die Vollen, Montag machen wir einen Ausflug, aber schon am Dienstag räume ich den sperrigen Osterstrauß meistens wieder vom Tisch. Höchstens, dass ich beim Einkaufen noch ein paar von den teuren Schokoeiern mitnehme, die es nun zum halben Preis gibt. Das war es dann schon wieder für dieses Jahr. Oder nicht?
In der Ostergeschichte im Johannesevangelium ist die "Magdalenensekunde" beschrieben: Der Augenblick, in dem Maria Magdalena Jesus begegnet und begreift, dass er nicht mehr tot ist. Sie ist im Garten, am Grab, um dort zu trauern. Und tränenblind sieht sie einen Mann, der nur der Gärtner sein kann. Erst als sie ihren Namen hört und sich umdreht, erkennt sie ihn. Es ist Jesus. Er lebt und spricht. In dieser Geschichte geschieht etwas von dem, was wir hoffen, wenn wir an den Tod denken. Dass wir einander wieder begegnen und dass wir uns wiedererkennen. Aber Jesus sagt in dieser Geschichte auch: Rühr mich nicht an. Halte mich nicht fest. Maria Magdalena geht gleich wieder weg aus dem Garten. Sie sieht Jesus danach nicht wieder.
Maria Magdalena geht anders aus dem Garten, als sie hinein gegangen ist
Mir gefällt der Gedanke, dass auch die Zeugin der Auferstehung sehr schnell wieder ins Leben zurück musste, in ihren Alltag. Kaum hat sie begriffen, was geschehen ist, ist es auch schon wieder vorbei. Aber Maria Magdalena geht anders aus dem Garten, als sie hinein gegangen ist. Der Augenblick bleibt in ihrem Herzen. Sie kann immer wieder zu ihm zurück. Dieser Augenblick genügt, um ein ganzes Leben anders leben zu können. Mit der Gewissheit, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Mit der Hoffnung, dass nichts ein für alle Mal vorbei ist.
Solche "Magdalenensekunden" gibt es auch in meinem Leben. Augenblicke, die mir Gewissheit und Hoffnung geben. Augenblicke, zu denen ich zurückkehren kann. Manche reichen für das ganze Leben. Es kommt nicht darauf an, sie zu wiederholen, sondern sich lebendig an sie zu erinnern. Dann geben sie Kraft für die Gegenwart.
"Magdalenensekunden" - Augenblicke, die Gewissheit und Hoffnung geben
So versuche ich Ostern zu feiern: Als Erinnerung an den einen Augenblick, als das Grab leer war und der Tote lebendig. Auch wenn ich nicht dabei war: Ich weiß von einigen, die es erlebt haben. Das ist eine lebendige Erinnerung, die mich hartnäckig davon abhält, das zu tun, was alle tun. Zum Beispiel von Alternativlosigkeit sprechen und Veränderungen ein für alle Mal ausschließen, egal worum es geht. Oder Hoffnungen endgültig begraben. Ostern ist der große Augenblick, zu dem ich immer wieder zurückkehre.
- Kathrin Oxen leitet das Zentrum für evangelische Predigtkultur in Wittenberg.
– Das Predigtzentrum veranstaltet vom 26. bis 29. Mai einen "Predigt-Slam" .
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