Ökumenischer Gottesdienst

400 Jahre "Stadt der religiösen Toleranz"

Bootsfahrt auf der zentralen Gracht am Mittelburggraben in Friedrichstadt, Schleswig-Holstein, mit Giebelhäusern am Markplatz. Mit ihren Kanälen, Brücken und Giebeln gleicht Friedrichstadt einer holländischen Idylle.
Bootsfahrt auf der zentralen Gracht am Mittelburggraben in Friedrichstadt, Schleswig-Holstein, mit Giebelhäusern am Markplatz. Mit ihren Kanälen, Brücken und Giebeln gleicht Friedrichstadt einer holländischen Idylle.© imageBROKER/Stefan Ziese

22. September 2021 von

Mit seinen Kanälen, Brücken und Giebeln gleicht Friedrichstadt einer holländischen Idylle. Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden gründeten die Stadt in Nordfriesland. Jetzt feiert die "Stadt der religiösen Toleranz" ihr 400-jähriges Bestehen.

Der Marktplatz von Friedrichstadt ist gesäumt von stattlichen holländischen Bürgerhäusern - aber eine Kirche fehlt. Vor 400 Jahren gründeten Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden die Stadt im damaligen Herzogtum Schleswig. Grundlage für ein friedliches Zusammenleben der Religionen sollte sein, dass keine Religion eine Vorrangstellung im Ort hat. Doch nicht immer hat die Toleranz die Oberhand behalten. Ende September feiert Friedrichstadt das 400-jährige Bestehen.

Offizieller Gründungstag ist der 24. September 1621

Wegen ihres freiheitlichen Glaubens wurden die protestantischen Remonstranten in den Niederlanden von den strengen Calvinisten verfolgt. Der Schleswiger Herzog Friedrich III. holte die fleißigen Händler und Handwerker in den Norden und ließ sogar Niederländisch als Amtssprache zu. In der sumpfigen Niederung zwischen Eider und Treene wurde mitten im 30-jährigen Krieg Friedrichstadt gegründet. Offizieller Gründungstag ist der 24. September 1621.

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Die Remonstranten-Kirche in Friedrichstadt ist die einzige weltweit außerhalb der Niederlande.© epd-bild/Thomas Morell

Weltweit einzige Remonstranten-Kirche außerhalb der Niederlande

In einer Nebenstraße steht die weltweit einzige Remonstranten-Kirche außerhalb der Niederlande. Etwa alle vier Wochen wird hier Gottesdienst gefeiert. Dafür kommt Pastor Severien Bouman eigens aus den Niederlanden angereist. Grundprinzipien der Remonstranten sind Toleranz und Freiheit. 180 Mitglieder zählt die Gemeinde. "Wir haben regen Zulauf", sagt Jan Christian Büddig vom Kirchenvorstand. Etwa die Hälfte wohne außerhalb. Einige hätten im Urlaub Kontakt zur Gemeinde gefunden.

Schon kurz nach der Stadtgründung siedelten sich die ersten Mennoniten an, die ebenfalls wegen ihres Glaubens verfolgt wurden. Gut zwei Dutzend zählen heute zur Gemeinde. Seit 1708 nutzen die Mennoniten den Anbau der "Alten Münze" für ihre Gottesdienste. Weil es keinen Turm hat, ist ihr Gotteshaus nicht gleich als Kirche erkennbar. Seit 1946 feiern auch die dänischen Protestanten in der kleinen Mennoniten-Kirche ihre Gottesdienste.

Älteste katholische Gemeinde Schleswig-Holsteins

In Friedrichstadt befindet sich auch die älteste katholische Gemeinde Schleswig-Holsteins. 1625 durfte hier erstmals nach der Reformation nördlich der Elbe eine katholische Messe gefeiert werden. Auf ihre Kirche mussten die Katholiken aber über 200 Jahre lang warten. 1846 wurde sie eingeweiht, stürzte aber drei Jahre später wieder ein.

1854 wurde die heutige Kirche St. Knud eröffnet. Als Sparmaßnahme wurde sie 2003 gegen vielfachen Protest entwidmet. Doch nach Einschätzung von Ortspastoralrat Ulrich Keiluweit war die Entwidmung kirchenrechtlich gar nicht möglich: Weil der katholische Bischof seinerzeit zur Feier nicht ins dänische Friedrichstadt einreisen durfte, sei die Kirche ja gar nicht geweiht worden. Mittlerweile werden nach der Sanierung wieder regelmäßig Gottesdienste gefeiert.

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Die zentrale Gracht in Friedrichstadt.© Heike Lyding

Auch Quäker, schwedische Kirchen-Separatisten, Zeugen Jehovas und Mormonen siedelten sich zeitweise in Friedrichstadt an. Juden durften hier im 18. Jahrhundert Grundbesitz erwerben und Handel treiben. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wuchs ihre Gemeindezahl auf über 400 an.

Synagoge in der Reichspogromnacht 1938 verwüstet

Die tolerante Tradition hielt die Friedrichstädter Nazis nicht davon ab, die Synagoge in der Reichspogromnacht 1938 zu verwüsten und das kostbare Inventar an einen Altmetall-Händler zu verkaufen. Die jüdischen Gemeindemitglieder wurden verhaftet und deportiert. Eine Jüdische Gemeinde existiert nicht mehr, die einstige Synagoge ist heute eine Gedenkstätte.

Abgesehen von der Judenverfolgung in der NS-Zeit sei das Verhältnis unter den Religionen in Friedrichstadt über die Jahrzehnte hinweg immer freundschaftlich gewesen, sagt Stadtarchivarin Christiane Thomsen. Probleme seien in der Regel durch Druck von außen aufgetreten. So habe manch ein Schleswiger Domprediger eine Vorrangstellung der Lutheraner durchsetzen wollen, weil sie die Mehrheit in der Stadt stellten.

Evangelisch-lutherische Kirche ist die älteste im Ort

Älteste Kirche der 2.500-Einwohner-Stadt ist die evangelisch-lutherische von 1641. Derzeit ist sie einmal wieder eingerüstet, weil die Fensterbögen aus Sandstein saniert werden müssen. Vor sechs Jahren war der Schwamm im Gebälk entdeckt worden. "Da war alles rott", erinnert sich Pastor Christoph Sassenhagen. Doch das Schlimmste ist überstanden, und die Gemeinde freut sich, dass sie hier wieder Gottesdienste feiern kann.

Ökumenischer Gottesdienst am Festwochenende

Ein Ehrentitel ist Friedrichstadt entgangen: 2004 schlug der Kieler Landtag die Stadt als Unesco-Weltkulturerbe vor. Doch stattdessen machten Haithabu und das Danewerk das Rennen. Gefeiert wird in Friedrichstadt dennoch: Höhepunkt ist das Festwochenende vom 24. bis 26. September mit Musik, Marktvergnügen und einem ökumenischen Gottesdienst im Zelt auf dem Markt (Sonntag, 26.9.,11 Uhr).

 

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