Nordkirchen-Linden wachsen und gedeihen

Die Nordkirche feiert ihren ersten Geburtstag – viele Nordkirchen-Linden auch

Vor einem Jahr auf Lindensuche:?ein Gründungsfest-Besucher aus Kiel-Mettenhof sucht in der „Lindenallee“ in Ratzeburg sein Bäumchen.
Vor einem Jahr auf Lindensuche:?ein Gründungsfest-Besucher aus Kiel-Mettenhof sucht in der „Lindenallee“ in Ratzeburg sein Bäumchen. © Kirchengemeinde Kiel-Mettenhof

17. Mai 2013 von Simone Viere

Auf dem Friedhof, auf dem Kirchplatz, auf dem Rasen hinter der Kirche oder, wie in Sereetz, neben dem Springbrunnen – sie haben ihren Platz gefunden, die Linden. 1067 kleine Bäumchen – mit Namensschildchen und Nummern versehen – wurden an Pfingsten beim Gründungsfest der Nordkirche in Ratzeburg ausgegeben: So viele, wie es Kirchengemeinden gibt in der Nordkirche, die nun ein Jahr alt wird. Zeit, nachzufragen: Was wurde aus den Gründungs-Linden?

Geht es nach den Bäumchen, steht es gut um die Nordkirche: "Sie wächst und gedeiht", berichten viele Kirchengemeinden von "ihrer" Linde. Nur einzelne sind inzwischen eingegangen oder wurden gestohlen. Dafür erbarmten sich andere Kirchengemeinden gleich mehrerer übrig gebliebener Setzlinge und retteten sie über den langen Winter hinweg. Die Pfadis aus Grube (Ostholstein) zum Beispiel brachten zwölf kleine Linden mit in ihre Gemeinde. Sie wurden in die Neugestaltung des alten Friedhofs integriert. Auch viele Konfis waren an der Lindenaktion beteiligt. In Esgrus (Schleswig-Flensburg) goß ein Konfirmand die Linde regelmäßig, bevor er in den Gottesdienst ging.

Unter dem grünen Dach der Nordkirche

Gemütlich hat es die Linde der Kirchengemeinde Großhansdorf-Schmalenbek (Hamburg-Ost): Eine Rundbank aus Holz, gespendet von einem Gemeindemitglied, umgibt das junge Bäumchen. "In einer gemeinsamen Aktion mit einer befreundeten Kirchengemeinde in Schwerin haben wir sie beim Gemeindefest mitten auf dem Kirchplatz eingepflanzt", berichtet Karin Iding aus dem Kirchenbüro. "Eines Tages können wir auf der Bank unter dem grünen Dach der Nordkirche sitzen."

Die Linde in Blücher (Mecklenburg) steht im Pfarrgarten. "Wenn wir mit Kirchen-Besuchern dort vorbeigehen, weisen wir meist auf die Linde hin", sagt Kirchengemeinderat Ulrich Dreßler. "Es ergibt sich häufig ein Gespräch über die Nordkirche. Dabei fällt auf, dass viele Menschen anerkennen, dass der Zusammenschluss über alte Staatsgrenzen hinweg beispielhaft ist."

Mittendrin im kirchlichen Leben

Die Linde auf dem Dulsberg in Hamburg habe in ihrem knappen Jahr schon einiges erlebt, erzählt Jessica Diedrich: "Von Hochzeiten und Verpartnerung über Trauerfeiern, Taufen, Weihnachtsmarkt und Stadtteilfest – an ihrem zentralen Platz sie ist mittendrin."

Ein Kirchenältester aus der Kirchengemeinde Camin (Mecklenburg) nahm eine übrig gebliebenen Linde für seinen Hof mit. "Damit die Linde dort nicht ohne Bezug zur Nordkirche steht, haben wir im letzten Sommer zum ersten Mal einen Gottesdienst auf seinem Hof  in Kogel gefeier", erzählt Pastor Tim Anders (Körchow). "Er war so schön, dass wir beschlossen, auch dieses Jahr wieder Gottesdienst an unserer 'auswärtigen' Nordkirchenlinde zu feiern."

Nordkirchen-Linde gedeiht auch auf katholischem Boden

Die Nordkirchen-Linde der Kirchengemeinde in Kiel-Mettenhof ist ökumenisch. "Wir haben sie auf  katholischem Grund eingepflanzt", berichtet Pastorin Jutta Weiß. "Wir teilen uns im Ökumenischen Zentrum mit der katholischen St. Birgitta-Gemeinde Kirche und Gemeindehaus. Auf unserem Teilstück war für eine Linde einfach kein Platz." St. Birgitta räumte dem Baum einen ganz zentralen Platz vor dem Zentrum ein. "Daneben blüht gerade eine japanische Kirsche, die Weihbischof Hans-Jochen Jaschke gepflanzt hat."

Die Kirchengemeinde Breklum verbrachte das erste Jahr Nordkirche ohne symbolische Linde. "Bereits an Pfingsten haben unsere Gemeindevertreter aus Breklum die für uns bestimmte Linde in Ratzeburg nicht finden können", erzählt Pastor Arend Engelkes. Gern hätte man sie in den neuen Pastoratsgarten integriert. "Aber vielleicht gibt es irgendwann  aus einer anderen Gemeinde einen Nach-Geburtstagsableger, der dann auch in Breklum zu einer stattlichen Nordkirchen-Linde heranwachsen kann", hofft Engelkes.

Linde unbekannt verzogen

Die Stephanusgemeinde in Lübeck hätte im vergangenen Jahr sicher gern ausgeholfen: "Weil unser Gemeinderasen voll ist, haben wir den Baum zum Mitnehmen angeboten", sagt Pastor Reinhard von Kries. "Nach einem Tag war er weg." In welchem Garten er inzwischen wächst, ist unbekannt.

"Bäumchen wechsel dich" hieß es für die Kirchengemeinde Wasbek (Altholstein):"Wir haben die Linde der Kirchengemeinde Aukrug, die dort haben unsere, weil wir die  Bäume auf der Heimfahrt mit dem Bus vertauscht haben", sagte Pastor Andreas Rohwer. Die kleine Linde durfte bereits bei Ersatzpflanzungen für gefällte Fichten mitgezählt werden. Für Ausgleich sorgte der Baum auch in Sinstorf ganz im Süden Hamburgs. "Gerade im Herbst 2011 war ein alter Apfelbaum im Gemeindehausgarten umgefallen, neben diesen Baumstumpf haben wir den neuen Baum gepflanzt", erzählt Hella Lemke.

Neues Grün auch in Neubrandenburg

"Sie treibt neues Grün", jubelt Pastor Christian Finkenstein aus der Neubrandenburger Friedensgemeinde. "Dabei hatte eine Kirchenälteste seinerzeit so sehr Front gemacht gegen die Pflanzung: Wird riesig, zerstört mit Wurzeln Gebäude... Ich habe das Bäumchen verteidigt, gegossen und gehätschelt. Ob sie groß werden darf, hier zwischen den großen Betonblöcken?"

Die Kirchengemeinde Ahrenshagen (Pommern) hat ein übriggebliebenes Bäumchen aus Husby abbekommen. "Bis heute weiß ich nicht, wo das liegen mag", gesteht Pastor Christhart Wehring. "Ein echtes Nordkirchenbäumchen, ursprünglich bestimmt für Nordelbien, gepflanzt in Vorpommern, gereist durch die gesamte Nordkirche."

Symbolisch für die östlichste Region in der Nordkirche hatte der Pfarrsprengel Retzin eine Extra-Linde erhalten . "Sie fand ihren Platz in Grambow", erzählt Pastor Matthias Jehsert aus Retzin. "Das Bäumchen soll noch eine Beschilderung bekommen, damit spätere Generationen wissen: Hier handelt es sich um richtige Denkmale, schützenswerte Pflanzen."

"Es braucht eben alles seine Zeit"

"Es gab eine Zeit, da dachten wir sie wäre eingegangen , aber jetzt trägt sie Blätter" sagt Karen Siegert aus der Kirchengemeinde Rerik. „Es braucht eben alles seine Zeit – wir sollten nicht nur dem Baum, sondern auch uns Zeit lassen. Aktionen wie der Kirchentag verbinden. Was recht bürokratisch  und trocken begann, beginnt langsam grün, lebendig zu werden – wie unsere Linde." 

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