Tagung der Landessynode der Nordkirche

„Die Zukunft der Ortsgemeinde” - Kirche im Wandel

Kirchengemeinde (Symbolbild)
Kirchengemeinde (Symbolbild)© iStock, mstay

24. September 2015

Lübeck-Travemünde. In Lübeck-Travemünde tagt seit Donnerstag die Landessynode der Nordkirche. Auf der Tagesordnung der 156 Synodalen aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern steht auch „die Zukunft der Ortsgemeinde”. Die Evangelische Zeitung hat Gemeinden von der Westküste bis nach Pommern besucht.

Zusammenschlüsse, demografischer Wandel, weniger Pastoren – die Kirchengemeinden in der Nordkirche sind im Wandel.

Auf der Landessynode vom 24. bis 26. September in Lübeck-Travemünde soll es um ihre Zukunft gehen, um künftige Strukturen und Reformen - und nicht zuletzt um die Frage, was eine Ortsgemeinde eigentlich ist und sein soll.

Wir stellen vier Gemeinden vor – in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern.

 

Neuenkirchen: Als die Gemeinde an der Westküste ohne Pastor war

von Svenja Engel

Die Kirchengemeinde Neuenkirchen in Schleswig-Holstein hilft sich selbst – was bleibt einer Gemeinde, die nur noch einen Viertel-Pastor hat, auch anderes übrig? "Plötzlich war unser Pastor weg, und wir wussten nicht mehr weiter", berichtet Fait Strakerjahn (30) vom Kirchengemeinderat über die Zeit vor sechs Jahren.

So besannen sich die 605 Gemeindeglieder auf das eigene Engagement. Für Strakerjahn der Beginn einer abenteuerlichen Zeit: "Ich wurde mit 24 Jahren zum Vorsitzenden des Kirchengemeinderats gewählt und hatte eigentlich überhaupt keine Ahnung." Er kämpfte sich durch Gesetze, Denkmalschutzvorschriften und Bilanzen.

Heute ist der 30-Jährige nicht nur Fachmann für die Haushaltsplanung seiner Kirche, sondern auch Beauftragter für das Bauwesen. Ganz nebenbei verrichtet er wechselseitig mit den anderen Gemeinderäten den Küsterdienst, die Friedhofsverwaltung und Büroarbeit.

Zwar hat die Gemeinde mit Pastor Harald Meyenburg inzwischen wieder eine Viertel-Pastorenstelle, aber keinen Friedhofsmitarbeiter und nur für vier Wochenstunden eine Gemeindesekretärin. Das Pastorat wurde 2009 verkauft, der neue Pastor wohnt in Wesselburen, wo er eine ganze Pastorenstelle hat. Zweimal monatlich hält Meyenburg einen Gottesdienst in der St.-Jakobi-Kirche.

Regelmäßig besucht er auch die "Kinderkirche", die Gemeinderatsmitglied Karin Richter (42) für Grundschüler anbietet. "Früher habe ich den Pastor bei der Kinderkirche unterstützt. Heute unterstützt mich der Pastor", sagt sie. Während es für die Gemeindemitglieder selbstverständlich ist, hält der Pastor fest: "Ihr Engagement ist klasse. Ohne sie könnten wir die St. Jakobi-Kirche von der Liste streichen." 

 

Eimsbüttel: Wie vier Gemeinden aus Hamburg verschmolzen

von Catharina Volkert

Die Geschichte der Kirchengemeinde Eimsbüttel lässt sich mit Zahlen beschreiben: Aus vier Gemeinden wurde eine. Aus vier Gotteshäusern zwei. Und die Gegenwart? In einem Gebiet, in dem etwa 50 000 Menschen auf rund drei Quadratkilometern leben, sind über 14 000 Kirchenmitglied.

Die Grenzen des Stadtteils stimmen mit denen der Kirchengemeinde fast überein. Es gibt vier Kitas. Im Pfarramt sind sechs Geistliche tätig,  weitere Mitarbeiter kümmern sich um Gemeindediakonie, Jugenddiakonie, Leben im Alter – und ein Gemeindemanager ist für die umfangreichen Verwaltungstätigkeiten zuständig.  "Wir müssen professionell denken und arbeiten", sagt Jürgen Schmücker aus dem Kirchengemeinderat. Ehrenamtlich wären besonders die Verwaltungsaufgaben kaum zu bewältigen.

Im Zuge der Fusion trennte sich die Gemeinde von der St. Stephanuskirche, in der Bethlehemkirche ist nun eine Kita. Die Gewinne ermöglichen den hohen Personalschlüssel. Die Fusion spiele kaum noch eine Rolle, so Schmücker: "Was verloren gegangen ist, ist eine gewisse Kuscheligkeit. Früher war es übersichtlicher."

Zu Zeiten der Fusionsverhandlungen, so Pastor Michael Babiel,   war die Frage, wie es gelingen kann, im Stadtteil Ortsgemeinde zu bleiben. Die Lösung ist Präsenz durch einen guten Personalschlüssel,  gut ausgestattete Kirchen und Gemeindezentren in zentraler Lage.  "Wir müssen uns immer hin und her bewegen zwischen Kerngemeinde und dem Stadtteil", so Babiel. So bündelt die Gemeinde momentan Hilfsangebote für Flüchtlinge – und macht sich so im städtisch-säkularisierten Alltag Eimsbüttels wieder relevant. 

 

Siggelkow: Mecklenburger müssen Gottesdienste planen

von Tilman Baier

Im Süden Mecklenburgs erstreckt sich von der Landesgrenze zu Brandenburg bis nördlich von Parchim das Gemeindegebiet von Pastorin Ulrike Kloss. Es ist noch gar nicht lange her, dass die Kirchengemeinden Groß Pankow-Redlin (vier Kirchen), Burow (zwei Kirchen) und Lancken (vier Kirchen) jeweils einen Pastor hatten. Heute sind die Gemeinden mitein­ander verbunden. Rund 800 Kirchengemeindemitglieder zählt der Verbund.

Das Zusammenwachsen der Pfarrgemeinden innerhalb einer großen Fläche ist in vielen ländlichen Regionen von Mecklenburg-Vorpommern eine große Herausforderung für Mitarbeiter und Gemeindeglieder. "Sich treffen, Anteilnehmen, füreinander da sein – das sind wichtige Bestandteile unserer Gemeindearbeit. So wachsen wir Stück für Stück aufeinander zu", erklärt die Pastorin.

Der Gottesdienstplan ist so ausgeklügelt, dass in acht der zehn Kirchen je einmal im Monat Gottesdienst gefeiert werden kann, in zwei weiteren alle zwei Monate. Viele weitere Veranstaltungen finden im weitläufigen Gemeindegebiet auch außerhalb des Pfarrsitzes Groß Pankow statt. Man besucht sich gegenseitig, genauso wie bei Krankheit und in Not. Sieben Friedhöfe sind zu pflegen. Auch da helfen viele Ehrenamtliche mit und sind in ihrem jeweiligen Heimatdorf wichtige Ansprechpartner.

Eine Mittwochsandacht in Groß Pankow stellt ein geistliches Zentrum in der Gemeindearbeit dar. "Kommen oft nur wenige Menschen zusammen, so wissen viele zu Hause, dass da auch ihrer im Gebet gedacht wird, für sie eine Kerze angezündet wird", so Pastorin Kloss.

 

Grimmen: Vorpommern kämpfen um Aufmerksamkeit

von Sybille Marx

Wer durch die vorpommersche Kleinstadt Grimmen schlendert, kann sie nicht übersehen: die evangelische St. Marienkirche, einen riesigen alten Backsteingotikbau. Und doch hat Pastor Wolfgang Schmidt oft das Gefühl: "Egal, was wir anbieten: Wir werden kaum beachtet." Konzerte, Andachten, Gottesdienste, Ausstellungen... "Da kommen nicht sehr viele. Die Kirche hat hier einen schweren Stand."

Als Kleinstadt im Schatten von Greifswald hat Grimmen es ohnehin schwer: Während dort die Uni das Leben in den Häusern hält, schrumpfte hier, rund 20 Kilometer entfernt, die Einwohnerzahl seit der Wende um fast ein Drittel. Urlauberanstürme wie auf den vorpommerschen Inseln Usedom und Rügen erlebt man in den Grimmener Gottesdiensten auch nicht. Reformen hätten zudem einen Bedeutungsverlust gebracht, sagt Schmidt: Grimmen büßte 1995 seinen Superintendentensitz ein, die zweite Pfarrstelle wurde 2008 gestrichen.

Trotzdem, die Lage klingt nicht aussichtslos. Viele vorpommersche Pastoren müssen auf weiter Fläche zig Dörfer zusammenhalten – als Einzelkämpfer.  Schmidt dagegen hat eine Kantorin und eine Gemeindepädagogin an seiner Seite, die eine mit 75-ProzentStelle, die andere sogar mit 80. "Ein Riesengeschenk“, sagt er. "Die machen ganz tolle Arbeit."

Und seine 1075 Gemeindeglieder leben zwar verstreut in vielen Orten – 19, wenn man die kleinsten Flecken mitzählt. "Aber mit Grimmen haben wir ein klares Zentrum." Darum predigt der Pastor dort auch jeden Sonntag, in den anderen drei Kirchen und Kapellen im Umland nur jeweils einmal pro Monat.

In den vergangenen vier Jahren war die Gemeinde mit Bauen schwer beschäftigt. Die zwei Kapellen im Umland, das künftige Gemeindehaus und viele andere historische Gebäude der Kirche drohten zu verfallen. "Wir haben inzwischen 1,8 Millionen Euro Fördermittel verbaut", sagt Schmidt. Nun muss "nur" noch die andere Art von Gemeindeaufbau gelingen...

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