Stadtentwicklung

Ein neues Stück Altona rund um St. Trinitatis

Das Trinitatis Quartier wird vom 13. bis 15. Juni feierlich eröffnet.
Das Trinitatis Quartier wird vom 13. bis 15. Juni feierlich eröffnet.© epd-Bild, Johanna Tyrell

11. Juni 2025 von Johanna Tyrell

Am Wochenende wird das Trinitatis Quartier in Altona offiziell eröffnet. Es ist das sichtbare Zeichen für eine neue Form von Miteinander - mitten in der Stadt, getragen von Kirche, Nachbarschaft und sozialem Engagement.

Ein Café, in dem Housing-First-Bewohner und Pilger Kaffee trinken. Ein Fensterputzgerät, das sich Kirche und Pilgerherberge teilen. Und Pastor Torsten Morche, der offen bekennt: „Wir wissen noch nicht genau, wie Gemeindeleben hier künftig aussehen wird.“

Was nach Patchwork klingt, ist in Wahrheit ein bemerkenswertes Stadtentwicklungsprojekt mitten in Hamburg-Altona: das Trinitatis Quartier. Es bringt Menschen verschiedenster Lebenswelten zusammen - und zeigt, was möglich ist, wenn man sich wirklich begegnet.

Trinitatis-Festtage am Wochenende

Das gesamte Programm für das Festwochenende gibt es unter: www.trinitatis-quartier.de/veranstaltungen

An diesem Wochenende wird es offiziell mit den „Trinitatis-Festtagen“ eingeweiht. Ganz im Sinne des Mottos: „Ankommen. Feiern. Miteinander leben.“ Musik, Lesungen, Gebet, Kirchenführungen, Kindertheater, Rikschatouren, ein Pub-Quiz und Mitmachaktionen lassen bereits bei der Eröffnung spüren, was dieses neue Viertel ausmacht: ein buntes, vielfältiges Miteinander.

Das Trinitatis Quartier steht für ein Stadtmodell, das sozialen Zusammenhalt aktiv stärkt: Wohnen, Bildung, Begegnung und Kultur sind hier nicht nebeneinander, sondern laut Stadtentwicklungsbehörde miteinander gedacht.© epd-Bild, Johanna Tyrell

Fünf moderne Neubauten bilden das neue Ensemble: ein Gemeindehaus, eine Kindertagesstätte, Sozialwohnungen, das Café „Trinitatis Treff“, die Pilgerherberge „Baltica“ und 26 Housing-First-Wohnungen für ehemals obdachlose Menschen.

„Wir wollten nicht nur hochwertig und sozial verantwortlich bauen, sondern ein Stück Stadt neu denken“, sagt Kris Heitmann von „Bauwerk kirchliche Immobilien“, das maßgeblich an der Entwicklung beteiligt war.

Neue Gesichter in den Gottesdiensten

Die evangelische Hauptkirche St. Trinitatis steht sinnbildlich für die Geschichte des Quartiers. Einst zentraler Ort einer florierenden Stadt, dann jahrzehntelang isoliert, umgeben von Brachflächen. „Wir waren eine Kirchengemeinde ohne nachbarschaftliches Umfeld. Das hat sich nun geändert“, sagt Pastor Morche. Und er spürt die Veränderung auch sonntags: „Durch die Pilgerherberge haben wir einige neue Gesichter in den Gottesdiensten.“

So sah es vor der Bebauung um die Kirche aus.© www.luftbilder.de_CMatthias_Friedel

Reibung, Vielfalt, neue Gemeinschaft

Auch das Gemeindeleben selbst ist in Bewegung. „Wir erfinden uns neu“, sagt Morche. Welche Formen von Seelsorge und Gemeinschaft hier entstehen, sei offen. „Aber ich gehe mit offenem Herzen und wachem Geist hinein.“ Reibung, Vielfalt, neue Gemeinschaft, das seien jetzt die Parameter kirchlichen Wirkens.

Inzwischen sind die Bauzäune weg. Das vereinfacht das Miteinander. Die Housing-First-Bewohner helfen in der Einrichtung von „Mahlzeit“, backen oder helfen beim Saubermachen. Auch mit der Pilgerherberge „Baltica“ gibt es Kooperationen: Lebensmittel vom Frühstücksbuffet werden weitergegeben, Fensterputzgeräte geteilt, dafür dürfen Gäste dort parken. „Es ist ein Geben und Nehmen“, beschreibt Morche den Alltag. „Wir, die wir uns regelmäßig begegnen, haben schon eine gewisse Vertrautheit entwickelt.“

Bischöfin Kirsten Fehrs bei der Grundsteinlegung im Juni 2023.© Monika Rulfs

Vorurteile abbauen durch Begegnung

Auch Yvonne Djawaheri von „Mahlzeit“ betont: „Was hier entsteht, hat Vorbildcharakter. Es zeigt, wie Vorurteile abgebaut werden können, wenn man sich wirklich begegnet.“ Die Einrichtung dient weiter als Anlaufstelle für obdachlose Menschen, künftig auch mit Duschmöglichkeiten, Leseangeboten und Kochaktionen. Eine kleine Notfall-Kleiderkammer ergänzt das Angebot.

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Ein zentrales Element des sozialen Austauschs war in der Bauphase ein Bauwagen, der zu einem identitätsstiftenden Ort wurde. „Der Bauwagen ist ein Identitätsbooster geworden“, sagt Pastor Morche. „Ich plädiere ganz stark für einen Quartiersmanager.“

Er erzählt von Pastor Gunnar Urbach, Fundraisingmanager des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein, mit seiner Denkwerkstatt. Dort seien viele Ideen entstanden. „Ein Format wie dieses sollten wir weitermachen.“

Schmerz gehörte zur Transformation

Auch wenn der Weg zum Quartier nicht ohne Herausforderungen war. „Wir sind uns alle gut, aber hatten nicht immer deckungsgleiche Sichtweisen“, sagt Morche mit Blick auf die vergangenen Jahre. Abriss der alten Kapelle, Baumfällungen, Bauzäune, Baustellenlärm - auch für die Gemeinde gehörte Schmerz zur Transformation.

Doch jetzt blüht das Gelände. Wortwörtlich. „Man kommt rein, und es ist ein anderer Ort“, sagt Morche. Nun gilt es herauszufinden, was die Menschen brauchen - Kita-Kinder, Senioren, Housing-First-Bewohner, Nachbarn.

„Durch gemeinsame Projekte wächst das Miteinander“, erklärt Djawaheri. „Im Bauwagen kommen regelmäßig Nachbarn und Housing-First-Bewohner ins Gespräch. Diese Begegnungen machen den Unterschied.“

Propst Frie Bräsen
Propst Frie Bräsen© Monika Rulfs

Kirche als offenes Netzwerk der Fürsorge

Das Trinitatis Quartier zeigt, wie Kirche heute wirken kann: nicht als abgeschlossener Raum, sondern als offenes Netzwerk der Fürsorge. „Wir schaffen hier eine offene Tür für alle Menschen“, sagt Propst Frie Bräsen. Und auch kirchenkreisarchitekt Michael Benthack bringt es auf den Punkt: „Dieses Quartier ist ein Ort mit Strahlkraft - architektonisch, sozial, spirituell.“

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