Helfen im Flüchtlingslager

Idomeni: "Solidarität und Unterstützung ist das, was uns trägt"

Lebensmittelverteilung mit Spenden der Diakonie Kathastrophenhilfe im Fluechtlingslager Idomeni (Griechenland) an der Grenze zu Mazedonien am 08.04.16. Insgesamt leben in dem provisorischen Lager zurzeit etwa 10.000 bis 15.000 Menschen, nachdem vor einigen Wochen die Laender entlang der Balkanroute ihre Grenzen geschlossen hatten. Die Fluechtlinge werden vom UNHCR, Freiwilligen und Nichtregierungsorganisationen versorgt. Die griechische Regierung bietet den Fluechtlingen an, sie in offizielle Lager im Landesinneren Griechenlands umzusiedeln.
Lebensmittelverteilung mit Spenden der Diakonie Kathastrophenhilfe im Fluechtlingslager Idomeni (Griechenland) an der Grenze zu Mazedonien am 08.04.16. Insgesamt leben in dem provisorischen Lager zurzeit etwa 10.000 bis 15.000 Menschen, nachdem vor einigen Wochen die Laender entlang der Balkanroute ihre Grenzen geschlossen hatten. Die Fluechtlinge werden vom UNHCR, Freiwilligen und Nichtregierungsorganisationen versorgt. Die griechische Regierung bietet den Fluechtlingen an, sie in offizielle Lager im Landesinneren Griechenlands umzusiedeln.© Thomas Lohnes, epd-bild

11. Mai 2016 von Simone Viere

Hamburg/Idomeni. Das Elend im Flüchtlingslager im griechischen Idomeni ist groß. Nach wie vor leben rund 10.000 Menschen in dem wilden Camp an der mazedonischen Grenze. Ohne die gegenseitige Unterstützung unter den Tausenden internationalen Helfern wäre eine angemessene humanitäre Hilfe nicht möglich, sagt der Hamburger Ronald Kelm.

Der Krankenpfleger hat mit einem großen Netzwerk von Helfern aus Norddeutschland einen XXL-Sprinter voll Spenden für das Flüchtlingslager in Idomeni gesammelt. Nach drei Tagen Fahrt erreichten Anfang Mai Kleidung, Spielzeug, Schlafsäcke, Hygieneartikel und Medikamente im Wert von 4.000 Euro den kleinen Ort an der Grenze zu Mazedonien.  

Krankenpfleger Kelm: "Es fehlt an allem"

"Die Zustände sind für die Menschen wirklich schlimm, es fehlt an allem", sagte Kelm. Bereits im März war er für drei Wochen vor Ort. "Damals waren die Zustände noch schlimmer, es gab noch gar keine Infrastruktur." Er habe die Kinder barfuß herumlaufen sehen, Kranke ohne medizinische Versorgung. "Da kann ich nicht einfach nach Hause fahren und die Augen verschließen. Es ist schließlich auch mein Beruf, zu helfen." Inzwischen bieten Freiwillige in dem wilden Lager Kinderbetreuung und Schulunterricht an.

Kelm kam zurück nach Hamburg und bereitete schon bald den nächsten Einsatz vor. In ganz Norddeutschland sammelte er mit anderen Helfern und Initiativen Kleidung, Schlafsäcke, Medikamente und Geld. Kelm selbst gehört zum Hamburger Netzwerk "RWKaro". In Hamburg half unter anderem der Verein "Hanseatic Help" mit vielen Sachspenden. Kelm will kommende Woche wieder nach Idomeni fliegen und dort zwei Wochen seines Urlaubs im Lager verbringen, um vor Ort zu helfen.

Hungrige Menschen und Geburten im Zelt

Zu den schlimmsten Bildern, die sich in sein Gedächtnis eingeprägt haben, gehöre das einer Menschenschlange bei einer Essensausgabe. "3.500 Mahlzeiten sind ausgegeben worden, dann war das Essen alle. Doch es standen noch etwa 300 hungrige Menschen in der Schlange, aber es gab für sie nichts mehr." Er habe gesehen, wie Frauen im Zelt im Schlamm Babys zur Welt brachten. "Wenn ein Neugeborenes aus dem Zelt gehalten und mit Wasser aus einer Plastikflasche gewaschen wird, das geht sehr ans Herz." Auch vom Schicksal zweier Querschnittsgelähmter, die auf dünnen Matten in einem Zelt lagen, berichtet der Helfer.

Doch er betont, dass es bei allem Elend auch schöne Momente gibt: "Wenn am Ende eines kräftezehrenden Tages die Helfer zusammen sitzen, dann sind sie selbst mal dran." Da habe dann auch das eigene Befinden seinen Raum. "Die Solidarität und Unterstützung ist das, was uns trägt." Obwohl die meisten Wildfremde seien, fühlten sie sich einander schnell sehr verbunden. "Alle helfen unabhängig von Herkunft, Beruf oder Religion. Die gemeinsame Sache ist das, was uns zusammenhält.

Trotz Elend auch schöne Momente

Der gelernte Krankenpfleger der Intensivmedizin hat jahrelang in einer Notaufnahme gearbeitet. Mit seinem zusätzlichen Studium Sozial- und Gesundheitsmanagement fühle er sich "prädestiniert für so einen Einsatz". Kelm gibt auch Tipps, wenn jemand beschließt, nach Idomeni zu fahren: "Eine gute Vorbereitung ist essenziell." Neben dem Besorgen von Papieren und Impfungen müsse sich jeder im Klaren darüber sein, dass er dort körperlich und psychisch extrem gefordert wird. "Man muss feste Ruhezeiten einhalten und braucht Unterstützer - vor Ort und zu Hause."

Außerdem müssten die freiwilligen Helfer eine professionelle Distanz behalten. "Einzelfallhilfe bringt nichts und macht einen unter Umständen kaputt." Bis zu seiner Abreise sammelt Kelm weiter Spenden und versucht, Freiwillige zu gewinnen. "Wir suchen vor allem Ärzte, die sich vorstellen können, für ein oder zwei Wochen nach Idomeni zu fliegen."

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