Itzehoer Kirche wird Pop-Zentrum
02. August 2021
Die Orgel ist schon verstummt. Ein Experte hat sie abgebaut und in Kiel eingelagert. Zum Gottesdienst in der evangelischen St. Michaeliskirche von Itzehoe spielt Kantor Stephan Reinke deshalb Klavier. Doch das ist nur ein Vorbote für das, was in den kommenden Monaten der Kirche bevorsteht: Mit großem Aufwand beginnt in diesen Tagen der Umbau zu einem Zentrum für Popularmusik.
Mit dem Umbau will die Gemeinde ein altes Problem lösen: Seitdem die Bundeswehr ihre nahegelegene Kaserne 2008 aufgegeben hat, ist die Garnisonskirche St. Michaelis mit ihren etwa 400 Plätzen für die kleine Gemeinde mit gerade einmal 1.500 Mitglieder überdimensioniert. Außerdem kommt die Bundeswehr nicht mehr für Unterhaltungskosten auf.
Umbau in der Michaeliskirche
Deshalb hat sich die Gemeinde im Stadtteil Wellenkamp schon vor vielen Jahren entschlossen, ihr Gemeindehaus zu verkaufen und das Leben auf die Michaeliskirche zu konzentrieren. Nun wird umgebaut: Der Gottesdienstraum wird etwa um die Hälfte verkleinert und hat nur noch 180 Plätze. Im hinteren Teil entstehen im Erdgeschoss zwei Gemeinderäume, wo Konfirmandenunterricht und Gemeindecafé stattfinden sollen. Im ersten Stock werden zwei Proberäume gebaut - einer für Bands und einer für Chöre mit bis zu 100 Mitgliedern.
Ein in die Zukunft weisendes Projekt
Etwa 950.000 Euro kostet der Umbau - eine ganze Menge für die Gemeinde. Doch das Projekt sei das Geld wert, sagt Gemeindepastorin Katharina Reinke, Stephan Reinkes Ehefrau. "Es ist zukunftsweisend dafür, wie man Strukturen verschlankt und Aktivitäten in einer Gemeinde bündelt."
Die Gemeinde hat zahlreiche Spendenaktionen gestartet und investiert die 120.000 Euro aus dem Verkauf des Gemeindehauses an die Diakonie. 260.000 Euro kommen vom Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf, durch kleinere Fonds weitere 80.000 Euro.
Während des Umbaus wird weiter Gottesdienst gefeiert in der Kirche, nur für wenige Wochen wird sie komplett gesperrt. Fertig sein soll alles im kommenden Jahr, möglicherweise zu Ostern. "Das wäre ein schöner Zeitpunkt für einen Eröffnungsgottesdienst", sagt Kantor Reinke.
Popularmusik soll in St. Michaelis zuhause sein
Popinstitut der Nordkirche:www.popularmusik-nordkirche.de
Dann will der Kirchenmusiker St. Michaelis zum Zentrum für Popmusik machen. Dahinter steckt ein Konzept des Kirchenkreises: In der Innenstadtkirche St. Laurentii dominiert weiter die klassische Kirchenmusik, und am Stadtrand in Wellenkamp soll die Popularmusik zuhause sein. Dafür wurde eigens eine zweite Kantorenstelle geschaffen, die Reinke innehat.
Musikgruppen und Chöre aus ganz Itzehoe sollen dann in der Michaeliskirche proben - von Jazz bis Gospel. Im Probenraum steht ein E-Schlagzeug, andere Instrumente müssen nur eingestöpselt werden. Der Raum soll Bands zur Verfügung gestellt werden, wobei Kantor Reinke besonders den Nachwuchs fördern möchte. Kooperationen mit Itzehoer Schulen sind bereits angedacht. Auch der Gottesdienstraum soll musikalisch genutzt werden für Konzerte und für ein neues Gottesdienst-Format, bei dem Pastorin Reinke Popsongs in den Mittelpunkt stellen möchte.
Die Orgel wird erst im letzten Teil der Arbeiten wieder eingebaut. Kein ganz einfaches Unterfangen: Weil sich mit dem Umbau die Akustik der Kirche verändert, muss jede einzelne der 1.500 Pfeifen neu intoniert werden.