Land und Diakonie wollen Zwangsabschiebungen vermeiden
10. November 2015
Rendsburg. Schleswig-Holsteins Landesregierung und das Diakonische Werk des nördlichsten Bundeslandes haben eine gemeinsames Projekt gestartet, um Zwangsabschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern zu vermeiden. Mit verstärkter Beratung sollen die rückreisepflichtigen Menschen etwa aus sicheren Herkunftsländern wie dem Kosovo oder Albanien motiviert werden, ihre Rückreise freiwillig anzutreten, kündigten Diakonie-Landespastor Heiko Naß und Innenminister Stefan Studt (SPD) am Montag in Rendsburg an.
Die Diakonie ist nach den Worten von Studt mit ihrem flächendeckenden Beratungsangebot als Partner für das Projekt ausgesucht worden. Doris Kratz-Hinrichsen vom Diakonischen Werk wies darauf hin, dass rund 150 hauptamtliche Frauen und Männer für die Beratungen zur Verfügung stehen. In diesem Jahr (2015) wurde nach Angaben von Ulf Döhring vom Landesamt für Ausländerangelegenheiten 1.143 Aufenthaltsbeendigungen verfügt. Insgesamt 684 Asylbewerber traten dann die Rückreise freiwillig an. Bis zum Stichtag 31. Oktober gab es 421 Abschiebungen. Im Jahr 2014 wurden 585 Aufenthaltsbeendigungen zugestellt.
Landespastor Naß begrüßte das gemeinsame Projekt. "Ein menschenwürdiger Umgang mit Flüchtlingen bemisst sich auch daran, wie wir mit den Menschen umgehen, die hier keine Bleibeperspektive mehr haben." Wenn mit dem neuen Beratungskonzept eine Kultur der freiwilligen Rückkehr etabliert werden könne, "wäre das ein Gewinn für alle Seiten, für die ausführenden Behörden, die Ausreisepflichtigen und die Herkunftsländer".
Menschenwürdiger Umgang mit Flüchtlingen ohne Bleibeperspektive
Die Europäische Union wird das Projekt mit 600.000 Euro aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) fördern. Das AMIF-Projekt wird zunächst Daten und Fakten über die Personengruppen und Herkunftsländer zusammentragen, die von einem Rückkehrberatungskonzept profitieren könnten. In einem zweiten und dritten Schritt wird das Konzept erarbeitet und in ausgesuchten Beratungsstellen zunächst getestet. "Wir sind uns sicher, dass wir bald ein beispielhaftes Beratungskonzept schaffen, das auch im gesamten Bundesgebiet Anwendung finden könnte", sagte Studt.
Naß berichtete von jüngsten Fällen, die beispielhaft deutlich machen, wie schwer die Rückkehr-Beratung werden kann. Einer abgelehnten mazedonischen Familie wurde mitgeteilt, dass sie zurück in die Heimat muss. Die Kinder hatten in Schleswig-Holstein erstmals eine Schule regelmäßig besucht und sich an einen geregelten Tagesablauf gewöhnt. Die Eltern konnten den Kindern nicht vermitteln, warum das geordnete Leben in Deutschland nun ein Ende finden soll.