Mit kleinem Startkapital große Spenden einsammeln
08. Dezember 2014
Norderbrarup. Menschen mit Talent können sich in der Kirchengemeinde Norderbrarup einen Zehn-Euro-Schein abholen. Das Geld ist aber nicht als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk gedacht. Es soll als „Startkapital“ dienen, um mit eigenen Ideen ordentlich Gewinn zu machen – für die Sanierung der Kirche und des Glockenturms.
Wolle kaufen und daraus gehäkelte Mützen zu verkaufen plant die eine, jemand anderes will in verschiedenen Kirchengemeinden einen Bildervortrag über eine Reise halten und ein dritter schmiedet und verkauft Dekorationsgegenstände aus Eisen für den Garten – diese und weitere Ideen haben Menschen, die sich an der Aktion „Hänge deine Talente an die große Glocke“ in Norderbrarup beteiligen. Sie bezieht sich auf das Gleichnis von den anvertrauten Talenten aus dem Matthäusevangelium.
Jeweils zehn Euro vertraut der Kirchbauverein in Norderbrarup (Kreis Schleswig-Flensburg) Einzelpersonen oder kleinen Gruppen bis zum Erntedankfest im kommenden Jahr an. Bis dahin soll sich der Schein mithilfe des eigenen Könnens vermehrt haben. 500 Euro stehen insgesamt für die Aktion bereit. „Drei Gemeindemitglieder, denen viel an der Kirche liegt, stellen das Geld zur Verfügung“, erklärt Jackisch.
Mehr als zehn „Vereinbarungen“ haben er und der Kirchbauverein schon verteilt – eine Art Vertrag, mit dem sich die Ideenhaber bereit erklären, ihr Talent einzusetzen, um die zehn Euro zu vermehren. Es müsse aber niemand Sorge haben, wenn er das Geld „verliere“. „Wenn es mal nicht klappt mit dem Vermehren, dann ist das schade, aber wir rechnen das Geld nicht ab“, erklärt der Pastor. „Uns geht es auch darum, unser Vertrauen in die Talente der Menschen und ihre Kreativität zu setzen.“
Zurzeit läutet nur eine Glocke zum Gottesdienst
Die zukünftigen „Groschenvermehrer“ bekamen ihren Geldschein zusammengerollt in einer alten Dachschindel überreicht. Die Dachschindeln bedeckten einst den freistehenden hölzernen Glockenturm in Norderbrarup, den ältesten in Schleswig-Holstein. Mittlerweile sind viele von ihnen heruntergefallen.
Dadurch sei man überhaupt erst auf den schlechten Zustand des Turms aufmerksam geworden, berichtet Pastor Jackisch. Mehr als 50 Prozent des Fundaments seien weggefault, etwa 70 Prozent der Balken ausgehölt. Der Turm sei einsturzgefährdet, sagen die Statiker. Und auch die Glocken selbst machen der Kirchengemeinde Sorgen. Die Aufhängung und Mechanik muss dringend erneuert werden. „Zur Zeit können wir aus Sicherheitsgründen nur mit einer Glocke läuten“, sagt der Geistliche.
Auch um die rund 800 Jahre alte Marienkirche sei es nicht besser bestellt. „Die Kirche ist quasi aus dem Winkel, der Westgiebel beult sich regelrecht nach außen“, erklärt Jackisch. „Und wenn nichts gemacht wird, droht der Dachstuhl irgendwann vom Hauptgebäude abzureißen.“
"Den Norderbrarupern liegt etwas an ihrer Kirche"
Etwa 260 000 Euro wird die Sanierung des Turmes kosten, etwa 380 000 Euro sind für die Instandsetzung der Kirchenmauern veranschlagt. Im Frühjahr sollen zunächst die Arbeiten am Turm begonnen werden. Jackisch hofft, dass dessen Sanierung im Herbst nächsten Jahres abgeschlossen sein wird.
Den Norderbrarupern liege etwas an ihrer Kirche, freut sich Pastor Jackisch. „Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können.“ Er hofft, dass mithilfe der Aktion die Einsatzsumme verdoppelt oder sogar verdreifacht werden kann. Am 1. Oktober 2015 soll ausgewertet werden, was aus den Ideen geworden ist. Auf der Internetseite soll laufend über die Aktion berichtet werden.
Noch in den kommenden Tagen können sich Menschen mit Ideen noch an der Aktion beteiligen. „Wenn jemandem über die Weihnachtstage etwas einfällt, ist er herzlich willkommen, mitzumachen“, sagt Pastor Jackisch. Wer noch auf Ideensuche ist, findet viele Vorschläge in einem vorbereiteten Handzettel.