Gedenkstätte

Neue Bronzeplastik erinnert an Zwangsarbeit der NS-Zeit

Die "Trauernde" des Rostocker Bildhauers Wolfgang Friedrich
Die "Trauernde" des Rostocker Bildhauers Wolfgang Friedrich© Wolfgang Friedrich / epd

06. März 2015 von Timo Teggatz

Neubrandenburg. Mit der neuen Plastik „Trauernde“ soll an Zwangsarbeit der NS-Zeit erinnert werden, die es auch im KZ Ravensbrück gab. Die Figur des Rostocker Bildhauers Wolfgang Friedrich wirkt erschöpft und verzweifelt, aber nicht verbittert.

Die lebensgroße, kahlgeschorene Figur mit ihrem jungen Gesicht und den geschlossenen Augen wirkt erschöpft, ausgezehrt und verzweifelt – aber nicht verbittert. Der Rostocker Bildhauer Wolfgang Friedrich hat die Bronzeplastik "Trauernde" für die neue Gedenkstätte in Neubrandenburg geschaffen, die am Freitag, 17. April, im Zentrum am ehemaligen Franziskanerkloster eingeweiht wird. Beginn der Veranstaltung ist um 11 Uhr. Die Gedenkstätte soll an die mehr als 6.000 Zwangsarbeiterinnen aus den Außenlagern des Frauen-KZ Ravensbrück erinnern, die in der NS-Zeit unter unmenschlichen Bedingungen in Neubrandenburger Rüstungsbetrieben arbeiten mussten.

In ihrem schlichten Kleid kniet die junge Frau auf einem Tuch, das sie mit der rechten Hand etwas anhebt. Das Tuch könnte ein Zeichen der Erinnerung oder ein Leichentuch sein, sagt Friedrich. Er habe eine Figur schaffen wollen, "die nicht am Ende ist". Sie sollte schmal sein, aber nicht so wirken, als stünde sie kurz vor dem Tod. Der Betrachter solle sich mit dieser Figur in Verbindung setzen können.

Viele Orte der Erinnerung an ein dunkles Kapitel

Friedrich hatte die 85 Zentimeter hohe und 1,80 Meter lange Figur auf einem schräg gelagerten, wuchtigen Granitblock seit Juli 2014 aus einer Kleinplastik weiterentwickelt, die er bereits vor etwa 15 Jahren geschaffen hatte. Die "Arbeitsgruppe Gedenkort" habe sich in dieser Kleinplastik wiedergefunden, sagt Sieglinde Scheel vom Demokratischen Frauenbund, von dem die Initiative zu dem Gedenkort ausging. Etwa 40.000 Euro kostet die Gedenkstätte einschließlich der Ausbildung von "Gedenk-Coachs" für Führungen. Die Hauptfinanzierung übernahm die Kurt-und-Herma-Römer-Stiftung (Hamburg).

An das dunkle Kapitel "Zwangsarbeit" wird in Neubrandenburg bereits an mehreren Stellen erinnert. In der Oststadt steht seit 1975 die Skulptur "Mutter und Kind" des Schwedter Bildhauers Arnd Wittig. Sie wurde für die 99 ermordeten KZ-Häftlinge errichtet, die 1944/45 auf dem dortigen Friedhof beigesetzt wurden. Im Nordosten befinden sich Stelen eines historischen Lehrpfades in Erinnerung an eins der beiden Außenkommandos des KZ Ravensbrück.

Mit Kunst und Kultur gegen die Demoralisierung

Die Häftlingsfrauen im Lager Ihlenfelder Straße mussten zwölf Stunden am Tag an den Werksmaschinen für die Rüstung arbeiten. Es gab kaum Pausen, gegessen wurde am Arbeitsplatz, heißt es in einer Publikation im Auftrag des Frauenbundes. Prügel, Misshandlungen, Hunger und schlechte sanitäre Bedingungen schwächten die Zwangsarbeiterinnen, die meist aus Polen, der Sowjetunion und Frankreich kamen. Die Folge waren Erkrankungen wie Tuberkulose, Typhus, Krätze oder Fleckfieber. Wer schwer krank und arbeitsunfähig war, musste als Todeskandidatin zurück in KZ Ravensbrück.

Mit Kunst und Kultur versuchten etliche Zwangsarbeiterinnen immer wieder, etwas gegen die Demoralisierung zu tun. So gingen beispielsweise Zettelchen mit Versen, Gedanken und Gedichten von Hand zu Hand. Der polnischen Kunstmalerin Maria Hispanska gelang es, mit Unterstützung von Kameradinnen auf Pappe und Papierfetzen Grafiken zu schaffen mit Szenen aus dem Lager und der Zwangsarbeit.

"Alle wussten Bescheid, niemand traute sich"

Dass die einheimische Bevölkerung damals von der Zwangsarbeit nichts mitbekommen hat, erscheint eher unwahrscheinlich. Immerhin gab es im November 1943 in den diversen Zwangslagern Neubrandenburgs etwa 32.000 ausländische Männer und Frauen, etwa 8.000 Personen mehr als die geschätzte Einwohnerzahl von 24.000. "Alle wussten Bescheid, und niemand traute sich, auch nur einen Finger zu rühren", gab die Zwangsarbeiterin Irma Gabel-Thälmann (1919-2000), Tochter des ermordeten KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann, später zu Protokoll. Offenbar gab es aber einzelne Neubrandenburger, die Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen aus Mitleid halfen.

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