Neue Wege des menschlichen Miteinanders als Antwort auf Gewalttaten
01. August 2016
Mit einer Trauerfeier im Münchner Dom und einem Trauerakt im Bayerischen Landtag haben Kirchen, Politik und Gesellschaft den Hinterbliebenen und Opfern des Münchner Amoklaufs ihr Mitgefühl zugesprochen. Bei dem ökumenischen Gottesdienst riefen Kardinal Reinhard Marx und der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zu mehr Menschlichkeit, Fürsorge und Wachsamkeit auf.
Bundespräsident Joachim Gauck und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hoben im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel hervor, dass die Menschen in München nach der Bluttat solidarisch zusammengestanden hätten.
Kardinal Marx: "Abschottung, Misstrauen und Angst dürfen nicht das letzte Wort haben"
In dem Gottesdienst sprachen auch ein orthodoxer Geistlicher, ein Vertreter der israelitischen Kultusgemeinde und eine Muslima Gebete. Sieben der neun Todesopfer waren islamischen Glaubens. Kardinal Marx sagte, die Klage über die Opfer dürfe nicht zu Ohnmacht führen, sondern zu konstruktivem Widerstand gegen das Böse, gegen Misstrauen und Angst. Die Antwort auf die Gewalttat seien Wege des Miteinanders und eine neue Fähigkeit des Zusammenlebens. Abschottung, Misstrauen und Angst dürften nicht das letzte Wort haben.
Der evangelische Bischof Heinrich Bedford-Strohm sprach sich für Frühwarnsysteme aus, um Planungen von Gewalttaten rechtzeitig zu stoppen. Die politisch Verantwortlichen müssten nach Wegen suchen, um das Risiko weiterer Gewaltakte zu begrenzen, forderte Bedford-Strohm, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Die Medien müssten "ihre Berichterstattung reflektieren und für die Zukunft unterscheiden lernen, wo sie ihre Informationspflicht erfüllen und wo sie zu einer möglichen Hysterie beitragen, die niemandem hilft". Der Bischof erinnerte auch daran, wie kostbar das Leben sei. Durch die Bluttaten hätten die Menschen "die Endlichkeit des Lebens vor Augen geführt bekommen".
Trauerakt im Bayerischen Landtag
Bei dem anschließenden Trauerakt im Plenarsaal des Bayerischen Landtags hob Bundespräsident Gauck den Wert der menschlichen Solidarität hervor. Gerade im Angesicht von Unglück und Verbrechen habe sich auch das "menschliche Gesicht" der Gesellschaft gezeigt, sei der Tat eines Einzelnen die Solidarität von Vielen gegenüber gestanden, sagte das Staatsoberhaupt. Die Menschen hätten ihre Türen geöffnet und Hilfe angeboten.
Den Gewalttätern werde es nicht gelingen, die Werte der freiheitlichen Demokratie ins Wanken zu bringen, sagte Gauck. Eine Allianz von Staatsorganen und wacher, aktiver Bürgergesellschaft sei die beste Versicherung gegen das "zynische Kalkül" der Gewalttäter. In dieser Allianz liege die Stärke der offenen Gesellschaft, betonte der sichtlich bewegte Bundespräsident.
Seehofer: Der schwierigste Moment seines Lebens
In einer persönlich gehaltenen Ansprache sagte Ministerpräsident Seehofer, er erlebe derzeit den schwierigsten Moment seines Lebens. Von den Gewalttaten in München, Würzburg und Ansbach sei Bayern ins Mark getroffen worden. Angesichts der Gefahr hätten die Menschen jedoch auch solidarisch zusammengehalten, weshalb die Mitmenschlichkeit über den Terror gesiegt habe. Die Antwort des Rechtsstaats auf diese Anschläge müsse eine Stärkung der Sicherheitsorgane und eine Personalaufstockung für die Polizei sein. Eine Konsequenz für Gesellschaft und Politik sei, entschlossen gegen jede Form von Terror, Gewalt, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus vorzugehen. Denn Sicherheit sei das "oberste Gut" für eine Demokratie, sagte Seehofer.
Sichtbares Zeichen des Gedenkens für die Opfer in München geplant
Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kündigte an, dass die Stadt München ein sichtbares Zeichen des Gedenkens errichten werde, damit die Opfer der Gewalttat niemals in Vergessenheit geraten. Nach dem Trauerakt trafen sich die Angehörigen und Familien der Opfer mit Gauck und den Politikern. Bei dem Amoklauf am Freitag vor einer Woche hatte ein 18-Jähriger neun Menschen getötet und sich anschließend selbst erschossen. Mehr als 30 Menschen wurden verletzt.