Prostitution: Diakonie fordert „Helfen statt verbieten“
11. Dezember 2014
Hamburg. Ein Verbot der Prostitution hält die Diakonie nicht für wirksam. Stattdessen legt sie einen Fünf-Punkte-Plan vor unter dem Motto „Helfen statt verbieten“ und fordert den Gesetzgeber auf, aktiv zu werden.
Das Diakonische Werk Hamburg hat sich gegen ein Verbot der Prostitution ausgesprochen. Ein solches Verbot sei "weder wirksam noch ethisch begründbar", erklärte Diakonie-Vorstand Gabi Brasch. Was bekämpft werden müsse, seien "sexualisierte Ausbeutung, Gewalt und Menschenhandel", sagte sie. Zugleich legte die Diakonie einen 5-Punkte-Plan vor, der unter dem Motto "Helfen statt verbieten" Maßnahmen beschreibt, die ab 2015 in Hamburg und bundesweit ergriffen werden sollten. Darin geht es vor allem um die auskömmliche Finanzierung von Beratungsangeboten.
Neben dem Ausbau der Beratungsarbeit müsse ein dauerhafter Runder Tisch zur Prostitution in Hamburg installiert werden, fordert die Diakonie. Zudem müsse die Umsetzung der Richtlinie 2011/36 zur Stärkung des Opferschutzes für Betroffene von Menschenhandel engagiert weiterbetrieben werden. Bundesweit müsse es ein "Prostitutionsschutzgesetz" geben. Dies habe die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für Prostitution zu regeln, ohne die Betroffenen damit zu stigmatisieren. Auch eine "niedrigschwellige Beratung" müsse in den Maßnahmenkatalog aufgenommen werden.
Der Diakonie zufolge gibt es keine verlässlichen empirischen Daten darüber, wie viele Menschen der Prostitution nachgehen. Für Hamburg spricht die Polizei von 2.500 Prostituierten, davon 100 Männer. Beratungsstellen befürchten eine erhebliche Dunkelziffer. Deutschlandweit bewegten sich seriöse Hochrechnungen aus dem Jahr 2001 noch in einer Spannbreite von 64.000 bis etwa 200.000 Prostituierte. Seitdem hat sich die Szene allerdings durch die EU-Osterweiterung stark verändert.
Prostituierte ohne Krankenversorgung
Allein im Hamburger Szeneviertel St. Georg wird der Anteil rumänischer und bulgarischer Prostituierter auf über 50 Prozent geschätzt. "Die wirtschaftliche Not und fehlende Perspektiven in Osteuropa führen dazu, dass Frauen hier verstärkt ihren notwendigen Lebensunterhalt in der Prostitution suchen", sagte Angela Bähr, Fachbereichsleiterin Migrations- und Frauensozialarbeit der Diakonie in Hamburg. Die Sprach- und Arbeitskenntnisse vieler Betroffener seien meist "sehr rudimentär". Viele Prostituierte hätten überdies keine Krankenversicherung und damit keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Hohe Gewinne, geringes Risiko
Deutschland gehöre zu den Hauptziel- und Durchreiseländern des internationalen Menschenhandels, heißt es in einem Hintergrundpapier der Diakonie. Dieser Menschenhandel sei Teil einer weltweit organisierten Kriminalität. Die Gewinne seien hoch, das Risiko für Täter gering. Opfer seien zumeist Mädchen und Frauen, die zugleich sexualisierte Gewalt erfahren. Sie benötigten besonderen Schutz. Dieser Schutz sollte einen Opferschutz ebenso wie ein Bleiberecht umfassen.