Reisen unter Segeln – Frauen erleben Nähe und Weite
07. August 2025
Enge Kabinen, weite Horizonte – auf Traditionsseglern erleben Frauen eine besondere Auszeit. Bei den Segelreisen des Frauenwerks unserer Kirche gehen die Teilnehmerinnen auf Kurs zu sich selbst – mit Impulsen, Begegnungen und Meer.
Ankommen an Bord – auf engem Raum zusammenleben
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Ein Hauch von Abenteuer liegt in der Luft, als die teilnehmenden Frauen die Bootsplanken des Traditionsseglers betreten. Eng ist es hier; scheinbar ungeordnet verlaufen Taue und Tampen über Deck und Beseglung. Der Weg zu den Kabinen ist steil, und es dauert einen Moment, bis alle Gepäckstücke ihren Weg nach unten gefunden haben.

Fest montierte Bänke und Tische, Klappen und Türen – alles ist funktional gestaltet und auf raue See ausgelegt. Licht fällt nur spärlich durch Bullaugen und Luken von draußen herein. Die Kojen befinden sich in winzigen Kabinen – bequem ist anders. Trotzdem ist es gemütlich. Die räumliche Nähe lässt schnell Vertrautheit entstehen. Auf engem Raum kann das Zusammenleben nur gemeinsam funktionieren.
Wind, Wellen und Weite auf Deck
Wer für sich sein will, geht eher nach oben auf das Deck. Der Horizont lädt ein, den Blick und die Gedanken schweifen zu lassen. Bei Wind und Wellen ist der Körper damit beschäftigt, die Bewegungen des Schiffes auszugleichen. Das Rauschen des Schiffsrumpfes beim Durchschneiden der Wellen und das Pfeifen des Windes in den Segeln sorgen für eine Geräuschkulisse, gegen die man kaum anreden kann.
Wenn die Sonne von einem blauen Himmel scheint und das Schiff mit seinem bauchigen Rumpf ruhig gleitet, werden Shorts und Sonnenhüte ausgepackt. Dann lässt die Weite des Himmels das Herz überquellen.

Jede Hand wird gebraucht
Ganz eigene Regeln geben hier auf dem Schiff den Ton an: raus aus dem Alltag, mit neuen Menschen und einem anderen Rhythmus – und mit neuen Aufgaben. Wenn Wendemanöver durchgeführt oder die Segel gehisst werden, ist kräftiges Anpacken gefragt. Segelkenntnisse sind für das Mitmachen nicht erforderlich. Die Crew weiß, wie sie die Gruppe anleiten muss – und achtet außerdem darauf, dass die Sicherheitsregeln an Bord eingehalten werden.

Frauenreisen sind beliebt - und schnell ausgebucht
Welche Erwartungen und Motivationen die Mitseglerinnen mitbringen, ist sehr verschieden. Es ist nicht nur die Abenteuerlust, die sie herlockt – das berichtet Claudia Niklas-Reeps. Seit über 10 Jahren organisiert und begleitet sie Frauen-Segelreisen des Frauenwerks. Die angebotenen Reisen sind „Bestseller“ und schnell ausgebucht. Sowohl Wiederholungstäterinnen als auch Neulinge sind dabei.

„Viele Teilnehmerinnen sehen diese Reise als eine bewusste Auszeit abseits der gewohnten Umgebung – die Frauen erleben hier eine gute Zeit für sich. Sie erfahren sich als mutig, trauen sich etwas zu. In der Gemeinschaft mit anderen bewegen sie etwas – auch im wortwörtlichen Sinne“, weiß die Referentin aus Erfahrung. Marina Buchholz war in diesem Jahr zum ersten Mal dabei. Sie bestätigt dieses Erlebnis: „Wir waren in vieler Hinsicht aufeinander angewiesen. Ohne uns hätte sich das Schiff nicht bewegt.“
Spiritualität an Bord
Zum Tagesablauf gehören kleine, bewusste Unterbrechungen: spirituelle Impulse, Singen, Rituale – Dinge, die im Alltag leicht zu kurz kommen.

Zeit und Raum für Lebensthemen
Als „Pilgern auf dem Wasser“ bezeichnet Claudia Niklas-Reeps diese Frauenreisen gerne. Alle Sinne kommen voll auf ihre Kosten: schauen, hören, spüren – und auch die Seeluft schmeckt anders. Der richtige Ort, um sich zu öffnen und auf Empfang zu gehen. Gespräche untereinander entstehen in den gemeinsamen Runden oder ganz nebenbei – an der Reling oder unter Deck. Gespräche über Familien-, Partnerschafts- oder Trennungsgeschichten. Denn hier ist ganz viel Raum, um sich eigenen Lebensfragen zu stellen.
Akzeptanz in aller Verschiedenheit
Renate Henningsen ist über viele Jahre als Teilnehmerin mitgesegelt. Die Freude an der Gruppe, das Kennenlernen neuer Menschen stellen für sie den Reiz dieses Formats dar. „Untereinander entsteht schnell viel Vertrautheit, die auch über Jahre bestehen bleiben kann. Das Zuhören und Erzählen, die gegenseitige Akzeptanz in aller Verschiedenheit, das Wahrnehmen und vielleicht auch Annehmen anderer Sichtweisen sind für mich jedes Mal eine Horizonterweiterung“, sagt sie. Auch Marina ist die Begeisterung in der Stimme anzumerken, wenn sie berichtet: „Jede ist rücksichtsvoll und hilfsbereit, alle achten aufeinander – und man wird angenommen, wie man ist“, erzählt sie und freut sich, dass sie von einer Frau dazu angestiftet wurde, in diesem Jahr mitzusegeln.

Unvergessliche Momente
„Es gibt Momente auf diesen Reisen, die ihren besonderen Zauber haben“, haben die drei Frauen erfahren. Beispielsweise das gemeinsame Singen von Gottesdienstliedern. „Einmal saßen wir im Hafen im kleinen Kreis an Deck und sangen. Nach und nach kamen alle von ihren kleinen Ausflügen zurück und setzten sich dazu. Das war sehr bewegend“, erzählt Renate.
Den Blick vom Wasser auf die dänische Inselwelt – das sind Perspektiven und Eindrücke, die Marina mit nach Hause nimmt.
Und Claudia erinnert sich an einen Törn, zu dem sie bereits frühmorgens um fünf Uhr aufgebrochen waren: „Alle im Hafen schliefen noch, rundherum war Stille, und wir segelten in einen traumhaften Sonnenaufgang. Dieses Ablegen war wie eine Andacht.“

Alle abgebildeten Fotos sind auf Frauensegelreisen des Frauenwerkes auf den Traditionssegelschiffen "Regina Maris" und "Ide Min" entstanden.