Den Horizont erweitern

Reisen unter Segeln – Frauen erleben Nähe und Weite

Die Teilnehmerinnen bei der Frauensegelreise im Juli 2025 auf der Regina Maris mit der Crew.
Die Teilnehmerinnen bei der Frauensegelreise im Juli 2025 auf der Regina Maris mit der Crew.© Antje Flechtenmacher

07. August 2025 von Antje Wendt

Enge Kabinen, weite Horizonte – auf Traditionsseglern erleben Frauen eine besondere Auszeit. Bei den Segelreisen des Frauenwerks unserer Kirche gehen die Teilnehmerinnen auf Kurs zu sich selbst – mit Impulsen, Begegnungen und Meer.

Ankommen an Bord – auf engem Raum zusammenleben

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Ein Hauch von Abenteuer liegt in der Luft, als die teilnehmenden Frauen die Bootsplanken des Traditionsseglers betreten. Eng ist es hier; scheinbar ungeordnet verlaufen Taue und Tampen über Deck und Beseglung. Der Weg zu den Kabinen ist steil, und es dauert einen Moment, bis alle Gepäckstücke ihren Weg nach unten gefunden haben.

Die Küche unter Deck auf einem Traditionssegler mit Spüle, Geschirr und zwei Bullaugen
Die Pantry auf dem Traditionssegler - hier unter Deck ist jeder Winkel gut ausgenutzt und durchdacht ausgebaut. © Antje Flechtenmacher

Fest montierte Bänke und Tische, Klappen und Türen – alles ist funktional gestaltet und auf raue See ausgelegt. Licht fällt nur spärlich durch Bullaugen und Luken von draußen herein. Die Kojen befinden sich in winzigen Kabinen – bequem ist anders. Trotzdem ist es gemütlich. Die räumliche Nähe lässt schnell Vertrautheit entstehen. Auf engem Raum kann das Zusammenleben nur gemeinsam funktionieren.

Wind, Wellen und Weite auf Deck

Wer für sich sein will, geht eher nach oben auf das Deck. Der Horizont lädt ein, den Blick und die Gedanken schweifen zu lassen. Bei Wind und Wellen ist der Körper damit beschäftigt, die Bewegungen des Schiffes auszugleichen. Das Rauschen des Schiffsrumpfes beim Durchschneiden der Wellen und das Pfeifen des Windes in den Segeln sorgen für eine Geräuschkulisse, gegen die man kaum anreden kann.

Wenn die Sonne von einem blauen Himmel scheint und das Schiff mit seinem bauchigen Rumpf ruhig gleitet, werden Shorts und Sonnenhüte ausgepackt. Dann lässt die Weite des Himmels das Herz überquellen. 

Drei Frauen sitzen im Netzt unterhalbe des Klüverbaums auf einem Traditionssegel bei einer Frauensegelreise
Mutige wagen sich in das am Klüverbaum befestigte Netz – unter sich die gischende Bugwelle des Schiffes.© Antje Flechtenmacher

Jede Hand wird gebraucht

Ganz eigene Regeln geben hier auf dem Schiff den Ton an: raus aus dem Alltag, mit neuen Menschen und einem anderen Rhythmus – und mit neuen Aufgaben. Wenn Wendemanöver durchgeführt oder die Segel gehisst werden, ist kräftiges Anpacken gefragt. Segelkenntnisse sind für das Mitmachen nicht erforderlich. Die Crew weiß, wie sie die Gruppe anleiten muss – und achtet außerdem darauf, dass die Sicherheitsregeln an Bord eingehalten werden.

Bevor es losgeht, werden alle Teilnehmerinnen in die wichtigen Handgriffe an Bord eingewiesen.© Antje Flechtenmacher

Frauenreisen sind beliebt - und schnell ausgebucht

Welche Erwartungen und Motivationen die Mitseglerinnen mitbringen, ist sehr verschieden. Es ist nicht nur die Abenteuerlust, die sie herlockt – das berichtet Claudia Niklas-Reeps. Seit über 10 Jahren organisiert und begleitet sie Frauen-Segelreisen des Frauenwerks. Die angebotenen Reisen sind „Bestseller“ und schnell ausgebucht. Sowohl Wiederholungstäterinnen als auch Neulinge sind dabei.

Vier Frauen sitzen bei der Frauensegelreise am Tisch unter Deck und bereiten Essen vor.
Auch das gemeinsame Vorbereiten der Mahlzeiten gehört zu den Aufgaben de Teilnehmerinnen.© Antje Flechtenmacher

„Viele Teilnehmerinnen sehen diese Reise als eine bewusste Auszeit abseits der gewohnten Umgebung – die Frauen erleben hier eine gute Zeit für sich. Sie erfahren sich als mutig, trauen sich etwas zu. In der Gemeinschaft mit anderen bewegen sie etwas – auch im wortwörtlichen Sinne“, weiß die Referentin aus Erfahrung. Marina Buchholz war in diesem Jahr zum ersten Mal dabei. Sie bestätigt dieses Erlebnis: „Wir waren in vieler Hinsicht aufeinander angewiesen. Ohne uns hätte sich das Schiff nicht bewegt.“

Spiritualität an Bord

Zum Tagesablauf gehören kleine, bewusste Unterbrechungen: spirituelle Impulse, Singen, Rituale – Dinge, die im Alltag leicht zu kurz kommen.

Eine Gruppe von Frauen steht in der Morgensonne auf dem Kai und macht Übungen.
„Ich beginne den Tag mit den Teilnehmerinnen beispielsweise immer an der frischen Luft mit einem spirituellen Impuls, verbunden mit Körperübungen“, erzählt Claudia. Und wer schon mit ihr unterwegs war, weiß, dass es sie morgens immer in die Fluten zu einer Runde Schwimmen lockt. Wer will, darf gerne dabei sein.© Antje Wendt, Nordkirche

Zeit und Raum für Lebensthemen

Als „Pilgern auf dem Wasser“ bezeichnet Claudia Niklas-Reeps diese Frauenreisen gerne. Alle Sinne kommen voll auf ihre Kosten: schauen, hören, spüren – und auch die Seeluft schmeckt anders. Der richtige Ort, um sich zu öffnen und auf Empfang zu gehen. Gespräche untereinander entstehen in den gemeinsamen Runden oder ganz nebenbei – an der Reling oder unter Deck. Gespräche über Familien-, Partnerschafts- oder Trennungsgeschichten. Denn hier ist ganz viel Raum, um sich eigenen Lebensfragen zu stellen.

Akzeptanz in aller Verschiedenheit

Renate Henningsen ist über viele Jahre als Teilnehmerin mitgesegelt. Die Freude an der Gruppe, das Kennenlernen neuer Menschen stellen für sie den Reiz dieses Formats dar. „Untereinander entsteht schnell viel Vertrautheit, die auch über Jahre bestehen bleiben kann. Das Zuhören und Erzählen, die gegenseitige Akzeptanz in aller Verschiedenheit, das Wahrnehmen und vielleicht auch Annehmen anderer Sichtweisen sind für mich jedes Mal eine Horizonterweiterung“, sagt sie. Auch Marina ist die Begeisterung in der Stimme anzumerken, wenn sie berichtet: „Jede ist rücksichtsvoll und hilfsbereit, alle achten aufeinander – und man wird angenommen, wie man ist“, erzählt sie und freut sich, dass sie von einer Frau dazu angestiftet wurde, in diesem Jahr mitzusegeln.

Abendliche Stimmung in einem kleinen Hafen. mehrere Traditionssegler habe angelegt.
Abendliche Idylle nach der Ankunft – im Hafen kehrt Ruhe ein. © Antje Wendt, Nordkirche

Unvergessliche Momente

„Es gibt Momente auf diesen Reisen, die ihren besonderen Zauber haben“, haben die drei Frauen erfahren. Beispielsweise das gemeinsame Singen von Gottesdienstliedern. „Einmal saßen wir im Hafen im kleinen Kreis an Deck und sangen. Nach und nach kamen alle von ihren kleinen Ausflügen zurück und setzten sich dazu. Das war sehr bewegend“, erzählt Renate.

Den Blick vom Wasser auf die dänische Inselwelt – das sind Perspektiven und Eindrücke, die Marina mit nach Hause nimmt.

Und Claudia erinnert sich an einen Törn, zu dem sie bereits frühmorgens um fünf Uhr aufgebrochen waren: „Alle im Hafen schliefen noch, rundherum war Stille, und wir segelten in einen traumhaften Sonnenaufgang. Dieses Ablegen war wie eine Andacht.“

Der Bug eines Traditionsseglers am Kai in der Abendsonne, die Segel sind eingerollt.
Nach dem Segeltörn liegt das Schiff aufgeklart und aufgeräumt in der Abendsonne am Kai.© Antje Wendt, Nordkirche

Alle abgebildeten Fotos sind auf Frauensegelreisen des Frauenwerkes auf den Traditionssegelschiffen "Regina Maris" und "Ide Min" entstanden. 

Segen unter Segeln

Frauenreisen mit dem Frauenwerk der Nordkirche

Das Frauenwerk der Nordkirche bietet jährlich im Sommerhalbjahr zwei Segelreisen ausschließlich für Frauen an. Die fünftägigen Reisen finden auf Traditionsseglern statt und werden von einer versierten Crew sowie zwei Teamerinnen begleitet. Die Unterbringung erfolgt in Zwei- bis Vierbettkajüten. Wind und Wetter geben vor, wohin die Reise geht. Als Ziel liegt beispielsweise die dänische Südsee mit ihren zahlreichen Inseln direkt vor der Haustür.

Alle an Bord anfallenden Tätigkeiten wie das Vorbereiten und Kochen der Mahlzeiten, Aufräumen, Abspülen sowie Hilfe bei der Bedienung des Schiffes übernehmen die Teilnehmerinnen. Zusätzlich stehen kleinere Aktivitäten wie gemeinsames Singen oder Basteln, Andachten, geistliche Impulse oder Bewegung auf dem Programm. Informationen zu den Segelreisen sowie zu den Themen und Angeboten des Frauenwerkes sind auf der Internetseite des Frauenwerkes zu finden.

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