Flüchtlingspolitik

Sammelrückführung: Kirchen kritisieren Abschiebung nach Afghanistan

an airplane low pass during the morning with blue sky and elegant view
an airplane low pass during the morning with blue sky and elegant view© tigristiara/Getty Images/iStockphoto

25. Januar 2017 von Simone Viere, Oliver Quellmalz

Abschiebungen nach Afghanistan sind wegen der Sicherheitslage im Land umstritten. 25 afghanische Männer wurden jetzt von Frankfurt nach Kabul geflogen, davon drei aus Hamburg. Die Kirchen halten die Sammelabschiebung für unverantwortlich.

Beide großen Kirchen kritisieren Sammelabschiebungen nach Afghanistan. "Kein Mensch darf in eine Region zurückgeschickt werden, in der sein Leben durch Krieg und Gewalt bedroht ist", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz vom Dienstag, 24. Januar.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums waren zuvor 25 afghanische Männer in ihre Heimat zurückgeflogen worden. Drei von ihnen stammen nach Angaben der Innenbehörde aus Hamburg. Es war die zweite Sammelabschiebung von abgelehnten afghanischen Asylbewerbern von Frankfurt. 

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße, Vorsitzender der Migrationskommission der Bischofskonferenz, und Präses Manfred Rekowski, Vorsitzender der EKD-Kammer für Migration und Integration, erklärten, die Sicherheitslage habe sich in Afghanistan im vergangenen Jahr weiter verschlechtert, innerstaatliche bewaffnete Konflikte hätten sich zugespitzt. Dadurch sei auch die Situation in der Hauptstadt Kabul schwieriger geworden. Berichte von Hilfsorganisationen deuteten darauf hin, dass die Rückführungen "humanitär unverantwortlich seien", hieß es.

Demonstrationen am Flughafen in Frankfurt am Main

Die Maschine startete am Montagabend (23. Januar) in Frankfurt am Main und landete am Dienstagmorgen in Kabul. Unter den 25 ausreisepflichtigen Afghanen hätten sich sieben Straftäter befunden, teilte das Bundesinnenministerium am Dienstag mit. Am Frankfurter Flughafen demonstrierten am Montagabend nach Polizeiangaben 240 Menschen gegen die Sammelrückführung.

Die Abgeschobenen seien ausschließlich jüngere Männer gewesen, die meisten von ihnen aus Bayern, sagte die Abschiebebeobachterin von Diakonie und Caritas, Melisa Ergül-Puopolo. Die Menschen seien ruhig und gefasst gewesen. Zwei weitere Afghanen seien aufgrund von Gerichtsbeschlüssen wieder in ihre Unterkünfte zurückgeschickt worden.

Eine Abschiebung in lebensgefährliche Gebiete inakzeptabel

Die beiden Kirchen sind nicht grundsätzlich gegen die Rückführung von Personen ohne Bleibeperspektive. Abschiebungen in lebensgefährliche Gebiete seien jedoch inakzeptabel, hieß es. "Es muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob Gefahren für Leib und Leben drohen und ob eine Rückkehr tatsächlich zumutbar ist", verlangten Heße und Rekowski. Rückgeführte Personen sollten weiterhin dabei unterstützt werden, für sich und ihre Familien ein menschenwürdiges Leben aufzubauen.

Zuvor hatten bereits der Paritätische Wohlfahrtsverband und Pro Asyl die Sammelabschiebungen vom Flughafen Frankfurt kritisiert. Die Rückführungen sind umstritten, weil es in weiten Teilen Afghanistans Kämpfe zwischen Regierungstruppen und radikalislamischen Taliban gibt und es immer wieder zu Anschlägen kommt.

Die erste Sammelabschiebung von 34 Afghanen aus Deutschland war Mitte Dezember erfolgt. Im Herbst hatte Deutschland mit Afghanistan ein neues Rücknahmeabkommen getroffen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums leben derzeit rund 11.900 ausreisepflichtige afghanische Staatsangehörige in Deutschland. Von ihnen haben etwa 10.300 eine Duldung. Im vergangenen Jahr kehrten den Angaben zufolge mehr als 3.300 Afghanen freiwillig in ihre Heimat zurück.

Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche fordert verbindliche Bleiberechtsregelungen 

Auch die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Dietlind Jochims, protestiert: "Die Sicherheitslage im gesamten Land lässt keine Abschiebungen nach Afghanistan zu. Diese Einschätzung hat das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) in einer aktuellen Studie bestätigt. Angesichts solcher Erkenntnisse weiter an Rückführungen festzuhalten, ist unverantwortlich."

Daneben fordert Dietlind Jochims den rot-grünen Senat der Freien und Hansestadt Hamburg auf, für die vielen gut integrierten Afghanen in der Stadt verbindliche Bleiberechtsregelungen zu schaffen. Dies betreffe auch die Personen, die bis 2016 Aufenthaltstitel über die damalige "Senatorenregelung" erhielten, die später abgeschafft worden sei: "Es ist absurd und kontraproduktiv, dass Menschen, die von einem Erfolgsmodell der Integration profitiert haben, zurückfallen in den prekären und unsicheren Status der Duldung."

Veranstaltungen
Orte
  • Orte
  • Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Flensburg-St. Johannis
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Gertrud zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Michael in Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Nikolai-Kirchengemeinde Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Petrigemeinde in Flensburg
  • Hamburg
    • Hauptkirche St. Jacobi
    • Hauptkirche St. Katharinen
    • Hauptkirche St. Michaelis
    • Hauptkirche St. Nikolai
    • Hauptkirche St. Petri
  • Greifswald
    • Ev. Bugenhagengemeinde Greifswald Wieck-Eldena
    • Ev. Christus-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Johannes-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Jacobi Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Marien Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald
  • Kiel
  • Lübeck
    • Dom zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Aegidien zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakobi Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien in Lübeck
    • St. Petri zu Lübeck
  • Rostock
    • Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock Heiligen Geist
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Evershagen
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Lütten Klein
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Johannis Rostock
    • Ev.-Luth. Luther-St.-Andreas-Gemeinde Rostock
    • Kirche Warnemünde
  • Schleswig
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schleswig
  • Schwerin
    • Ev.-Luth. Domgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Nikolai Schwerin
    • Ev.-Luth. Petrusgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Schloßkirchengemeinde Schwerin

Personen und Institutionen finden

EKD Info-Service

0800 5040 602

Montag bis Freitag von 9-18 Uhr kostenlos erreichbar - außer an bundesweiten Feiertagen

Sexualisierte Gewalt

0800 0220099

Unabhängige Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Nordkirche.
Montags 9-11 Uhr und mittwochs 15-17 Uhr. Mehr unter kirche-gegen-sexualisierte-gewalt.de

Telefonseelsorge

0800 1110 111

0800 1110 222

Kostenfrei, bundesweit, täglich, rund um die Uhr. Online telefonseelsorge.de

Zum Anfang der Seite