Nordkirchen-Akademiewoche

"Scherbenhaufen Flüchtlingspolitik": Debatte über Alternativen zur "Festung Europa"

Ein Abschiebehäftling aus Sierra Leone in Deutschland. (Symbolbild, epd-Archiv)
Ein Abschiebehäftling aus Sierra Leone in Deutschland. (Symbolbild, epd-Archiv)© Werner Krüper, epd-bild

31. Oktober 2013 von Simone Viere

Hamburg. Alternativen im Umgang mit Flüchtlingen wollte die Evangelische Akademie der Nordkirche am Mittwochabend in Hamburg ausloten. Die Podiumsdiskussion begann mit einem 40-minütigen Konzert der Gruppe "Strom & Wasser feat. The Refugees" - und dann ging es zur Sache: "Die Flüchtlingspolitik ist ein Scherbenhaufen, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa", befand Günter Burkhardt, Geschäftsführer von "Pro Asyl" (Frankfurt).

Vollständig ausgeblendet aus der öffentlichen Debatte werde die Frage, warum die Menschen eigentlich fliehen, sagte Burkhardt weiter. Und dass permanent Menschenrechtsverletzungen zu beklagen seien. "An Europas Grenzen müssen wir Europas Recht definieren", forderte er. Dazu gehörten legale Einreisemöglichkeiten, um vor allem Schleppern die Geschäftsgrundlage zu entziehen. Stattdessen habe der jüngste EU-Gipfel signalisiert, "dass die Schotten noch weiter dicht gemacht werden".

Burkhardt: Schotten nicht noch weiter dicht machen

Aydan Özoguz, stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende aus Hamburg, sprach sich für "Vorrangregelungen" für solche Flüchtlinge aus, die Verwandte in Deutschland haben. "Das müssen wir auf den Weg bringen, das macht Sinn", sagte sie. Özoguz nimmt derzeit als Migrationsexpertin der SPD an den Koalitionsgesprächen mit der CDU/CSU in Berlin teil.

Im Konflikt mit den afrikanischen Flüchtlingen in Hamburg befürwortete sie die vom Senat angebotene Prüfung aller Einzelfälle. Es sei gut, dass sich Menschen für die Flüchtlinge engagierten, sagte Özoguz. Verkehrt sei es, ihnen "als ganzer Gruppe unklare Hoffnungen zu machen". Sie wisse allein von drei Männern der Gruppe, die nie in Lampedusa gewesen seien.

Auch die Berliner Integrationsbeauftragte Monika Lüke, Mitglied der EKD-Kammer für Migration, reklamierte das "Recht auf ein faires Verfahren". Doch der Name "Lampedusa" allein rechtfertige noch "kein automatisches Bleiberecht", sagte sie. Vor allem dürfe dieses Recht nicht mit Gewalt durchgesetzt werden, "und auch nicht damit, dass ich lange genug protestiere". Man müsse aber auf jeden Fall für die Gesundheit der Betroffenen Sorge tragen.

Lüke: Name "Lampedusa" allein rechtfertigt noch "kein automatisches Bleiberecht"

"Pro Asyl"-Geschäftsführer Burkhardt beklagte "zwei grundsätzlich falsche Annahmen" über Flüchtlinge in Deutschland. Verkehrt sei vor allem die Haltung, dass Flüchtlinge "nur eine Last" seien. Viele seien "überhaupt nicht hilfsbedürftig", sondern könnten für sich selber sorgen, wenn man sie nur ließe. Der zweite Fehler sei das Vorurteil, dass die meisten Flüchtlinge nach Deutschland wollten. "Viele möchten lieber in englischsprachige Länder, oft nach Skandinavien", sagte er.

Europa dürfe sich zudem nicht nur über die Euro-Währung definieren. Wichtiger seien gemeinsame Werte. Wenn in einem europäischen Land eine asylrechtliche Anerkennung ausgesprochen wurde, müsse diese für ganz Europa gelten, forderte Burkhardt. Flüchtlingspolitik müsse für "Europa komplett" betrieben werden und sei daher auch "kein innenpolitisches Thema der einzelnen Länder".

Burkhardt: Kirche hat "glaubwürdig ihren Job gemacht"

Die Situation mit den Libyen-Flüchtlingen in Hamburg nannte Burkhardt "verfahren". Politiker seien es "nicht gewohnt", dass Flüchtlinge selber aktiv werden. Denn dann müsse die Politik reagieren, anstatt selber zu steuern. Zudem sei es für die Behörden schwierig, um Vertrauen zu werben, wenn der eigene Bürgermeister schon früh und wiederholt davon gesprochen habe, dass es für die Afrikaner keine Perspektive in Hamburg gebe. Die Kirche dagegen habe mit der humanitären Nothilfe "glaubwürdig ihren Job gemacht".

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