Schuldenreport 2019: Hohes Armutsrisiko für Frauen
13. Februar 2020
Frauen haben ein erhöhtes Risiko, sich zu überschulden. Das ist ein Ergebnis des aktuellen Schuldenreports, der von der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung mit Sitz in Rendsburg jährlich herausgegeben wird.
Grund sind strukturelle Nachteile von Frauen im Berufsleben, in der Familie und bei der Rente. Insgesamt haben 2018 13.655 Frauen in Schleswig-Holstein eine Schuldnerberatung aufgesucht.
Alleinerziehend oder alleinlebend
Von den Frauen, die eine Schuldnerberatung in Anspruch genommen haben, waren besonders viele alleinerziehend oder alleinlebend. Ihr Anteil lag 2018 bei 68 Prozent. „Diese Zahl gibt einen Hinweis darauf, dass diese auf sich gestellten Frauen besonders gefährdet sind, in Überschuldung zu geraten“, sagt Alis Rohlf, Leiterin der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung. „Die Ursache hierfür liegt in einer strukturellen Benachteiligung und einem daraus folgenden hohen Armutsrisiko.“
Jede dritte Frau arbeitet in Teilzeit, Leiharbeit oder in einem Minijob
Die Benachteiligungen beginnen laut der Studie schon bei der Berufswahl: Frauen entscheiden sich oft für eine Ausbildung in einem Dienstleistungsberuf, die vergleichsweise schlechter bezahlt sind. Mathematisch und naturwissenschaftlich orientierte Ausbildungen sind weniger gefragt. Hinzu kommt, dass in Schleswig-Holstein jede dritte erwerbstätige Frau in Teilzeit, Leiharbeit oder in einem Minijob beschäftigt ist und keine ausreichende finanzielle Absicherung aufbauen kann.
Mangelnde Altersvorsorge durch Verdienstausfälle
In vielen Familien sind die Männer nach wie vor die Hauptverdiener. Bei einer Trennung stehen die Frauen mit ihrem niedrigen Einkommen und den Kindern alleine da. Die Chancen, den Verdienst aufzustocken, sind oft gering. Zudem übernehmen Frauen überdurchschnittlich häufig die unbezahlte Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger. Auch das führt zu Verdienstausfällen und letztlich zu einer mangelnden Altersvorsorge.
"Bei zusätzlichen Schicksalsschlägen wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit ist eine Überschuldung in vielen Fällen kaum mehr zu vermeiden", sagt Rohlf. Ein weiterer Ausbau der Ganztagsbetreuung an Kitas und Schulen auch im ländlichen Bereich könnten dazu beitragen, dass Frauen verstärkt in Vollzeit arbeiten können.
28.383 Menschen haben eine Beratungsstelle aufgesucht
Von mehr als 200.000 Personen, die in Schleswig-Holstein als überschuldet gelten, haben im Jahr 2018 lediglich 28.383 Menschen eine Beratungsstelle aufgesucht. Das sind etwas mehr als 2017. Viele Menschen scheuen den Gang zur Beratung, weil sie sich für ihre Situation schämen. Die Daten basieren auf den Angaben aller anerkannten Beratungsstellen im Land für das Jahr 2018 und sind daher repräsentativ.