Weltgedenktag für verstorbene Kinder

Trauer um Sternenkinder: Norddeutscher Verein hilft Eltern

Sternenkinder sind Kinder, die im Mutterleib oder kurz nach der Geburt verstorben sind. Lange Zeit wurden sie so behandelt, als hätten sie nie existiert. Heute haben Eltern die Möglichkeit, sie individuell beizusetzen.
Sternenkinder sind Kinder, die im Mutterleib oder kurz nach der Geburt verstorben sind. Lange Zeit wurden sie so behandelt, als hätten sie nie existiert. Heute haben Eltern die Möglichkeit, sie individuell beizusetzen. © iStock

10. Dezember 2021 von Nadine Heggen

Am 12. Dezember gedenken wir weltweit der verstorbenen Kinder. Dazu zählen auch die Sternenkinder. Über die Trauer, die Eltern überwältigt, wenn ein Kind stirbt, noch bevor es seinen ersten Atemzug getan hat, machten sich Gesellschaft und Medizin lange Zeit keine Gedanken. Heute ist dies anders – dank des Engagements von Vereinen.

"Fehlgeburten" werden bis heute Kinder genannt, die in einem relativ frühen Schwangerschaftsstadium im Mutterleib versterben. Der Ausdruck klingt nicht besonders mitfühlend. Denn er verschweigt, dass die betroffenen Eltern manchmal ein Leben lang unter diesem Verlust leiden.

Betroffenen fühlen sich hilflos und allein gelassen

Um den Abschied würdevoll zu gestalten und die Trauer verarbeiten zu können, möchten viele ihr Kind bestatten lassen. Doch für gängige Särge und Babykleidung sind die Embryos oft viel zu klein. Der Verein "Sternenkinder Bargteheide" näht für sie passende Decken und Bettchen.

Initiatorin Jenny Lühmann ist selbst Mutter. Ihre Kinder sind heute acht und vier Jahre alt, ein drittes ist ein Sternenkind. Bei einer Routine-Untersuchung in der elften Schwangerschaftswoche erfuhr sie, dass das Herz ihres Babys nicht mehr schlägt. Wenige Tage später, im April 2016, wurde das Kind der heute 32-Jährigen im Hamburger Marienkrankenhaus abgesaugt.

„Mir war wichtig, dass mein Baby nicht auf dem Müll landet“, sagt Jenny Lühmann. Infos über mögliche Bestattungsformen mussten sich die verwaisten Eltern aber mühsam zusammensammeln. Mit ihrer Trauer fühlten sie sich von den Ärzten allein gelassen. Letztlich wurde ihnen eine Sammelbestattung auf dem Öjendorfer Friedhof in Hamburg angeboten, allerdings erst in einem halben Jahr. „Wir brauchten aber zeitnah einen Ort zum Trauern“, so die gelernte Physiotherapeutin.

Zur würdevollen Bestattung gehört Kleidung, die passt

Schließlich bestatteten sie ihr Kind auf dem Bargteheider Friedhof. Am Grab war Jenny Lühmann erschrocken über die Größe des Sarges – obwohl es der kleinste war, den der Bestatter hatte. „Vorher wusste ich auch gar nicht, wie ich unser Kind darin betten sollte“, so Lühmann. Eine Freundin nähte ihr schließlich einen Stern mit einem Fach, in die der Bestatter die Leibesfrucht hineinlegen konnte.

Ein gutes Jahr später begann Jenny Lühmann, für früh verstorbene Kinder und Frühchen Kleidung und Deckchen zu nähen. Erst schickte sie ihre Sachen einem bundesweiten Verein zur Verteilung. 2019 gründete sie mit ihrer Freundin Lena Brunßen ihren eigenen.

„Sternenkinder Bargteheide e.V.“ gehören 50 Frauen an, die nähen, stricken, häkeln und basteln. Bodys, Windeln und Socken fertigen die Frauen in der Regel für Kinder ab der 20. Schwangerschaftswoche. Für die ganz früh Verstorbenen sind es Einschlagdecken und Bettchen. Auch Kerzen, Karten mit tröstenden Versen, Kuscheltiere für Geschwisterkinder und kleine Kisten zur Bestattung gehören zum Angebot.

Kliniken sind nicht auf trauernde Eltern eingestellt 

Über Ebay-Kleinanzeigen, Facebook und Instagram macht Lühmann darauf aufmerksam. Auch Kliniken können bei ihr bestellen. „Es ist oft entwürdigend, wie Eltern ihre toten Kinder im Krankenhaus betrauern müssen und mit nach Hause bekommen. Etwa in Nierenschalen oder nackt eingewickelt in Spucktücher“, sagt Lühmann.

In diesem Jahr verschickte sie bereit 140 Pakete an Eltern. Die meisten enthielten Frühchenkleidung. Krankenhäuser bestellten nur zehn Pakete. Dabei ist das Angebot für alle umsonst. Der Verein finanziert sich über Spenden und Mitgliedsbeiträge.

„Ich würde mir wünschen, dass Frauenärzte und Kliniken sich gut ausstatten, auch mit Infomaterial“, sagt Lühmann. Tod in der Schwangerschaft sei immer noch häufig ein Tabuthema und eine Trauerbegleitung der Eltern finde kaum statt. Dabei sei doch jedes Kind eine Erinnerung wert, egal wie klein es war.

Jenny Lühmann hat ihre Trauer inzwischen verarbeitet. Ganz bewusst hält sie die Erinnerung an ihr verstorbenes Kind wach. Am Sonntag zündet sie eine Kerze für ihr Sternenkind an. 

Hintergrund Sternenkinder 

Die Bezeichnung Sternenkinder meint in der Regel Kinder, die still geboren werden. Manchmal werden sie auch als Engels- oder Schmetterlingskinder bezeichnet, um anzudeuten, dass sie im Himmel sind.  

Ursprünglich waren mit dem Begriff „Sternenkinder“ für Neugeborene reserviert, die unter 500 Gramm wogen und nicht als Person im Geburtsregister oder Sterberegister verzeichnet werden konnten. Für die betroffenen Eltern war es so, als hätte es ihr Kind nie gegeben.

2009 richtete ein hessisches Ehepaar eine von 40.000 Bürgern unterzeichnete Petition für „Sternenkinder“ zur Änderung der Personenstandsgesetze an den Bundestag. Die Petition sorgte für großes öffentliches Interesse. 2013 beschloss der Bundestag schließlich einstimmig eine Änderung des Personenstandsrechts. Seitdem können Eltern die Geburt ihres Kindes beim Standesamt anzeigen und ihrem Kind damit offiziell eine Existenz geben, völlig unabhängig vom Gewicht.

Das Bestattungsrecht ist allerdings Ländersache. In den meisten Bundesländern dürfen Eltern ihre „Sternenkinder“ unter 500 Gramm individuell beisetzen, sie müssen es aber nicht. Üblich sind bis heute Sammelbeisetzungen der Kliniken für Kinder unter dieser Gewichtsgrenze. Diese werden jedoch oft nur alle paar Monate angeboten. 

 

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