Corona-Pandemie

Wenn man nicht zusammen trauern kann

Beerdigungen können derzeit nur im engsten Kreis stattfinden. Für viele ist das keine leichte Situation. Auch Bestatter spüren die Hilflosigkeit der Angehörigen.
Beerdigungen können derzeit nur im engsten Kreis stattfinden. Für viele ist das keine leichte Situation. Auch Bestatter spüren die Hilflosigkeit der Angehörigen. © Unsplash, Jill Dimond

19. Februar 2021 von Antje Wendt

Die Corona-Pandemie hat sowohl das gesellschaftliche Leben als auch den Berufsalltag verändert. Eine Berufsgruppe, die dabei vor besonderen Herausforderungen steht, ist die der Bestatter. Schleswigs Bischof Magaard traf sich mit zwei von ihnen zum digitalen Gespräch. Darin erzählen sie, was es bedeutet, wenn Angehörige nicht so Abschied nehmen können, wie sie gerne möchten.

Der Familienbetrieb Beck ist in Schleswig gut bekannt, er genießt größtes Vertrauen und die Arbeit wird geschätzt. Das Unternehmen wurde bereits vom Urroßvater gegründet, und irgendwann wird es in die Hände der nächsten Generation übergehen. Durch die Corona-Pandemie musste vieles im Aufgabenfeld angepasst werden.

Um zu erfahren, wie das Bestattungsunternehmen mit den Einschränkungen umgeht, welche Lösungen entstanden sind, aber auch, welche Erfahrungen sie mit Hinterbliebenen machen und wie Trauerarbeit stattfinden kann, hat sich Bischof Gothart Magaard zu einem Gespräch verabredet. Neben Ulrike Beck nimmt auch ihr Sohn Thilo Bernoteit teil. Der junge Bestattermeister tritt bereits in die Fußstapfen seines Stiefvaters Thomas Beck.

Trauern mit viel Distanz

Gleich zu Beginn möchte der Bischof wissen, was sich durch die Pandemie für den Berufsalltag des Bestatters ergeben habe. Das Unternehmen kam sehr früh mit den ersten Corona-Fällen im Kreis in Kontakt. So ist es bis heute geblieben. Ulrike Beck weiß von Fällen, in denen die Familien die Sterbenden nicht begleiten können.

Auch anschließend sei es oft nicht mehr möglich, richtig Abschied zu nehmen, berichtet sie. "Das tut mir besonders leid – dann würde ich die Menschen so gerne in den Arm nehmen." Eine solche Geste sei im Moment nicht möglich, wie viele andere Dinge auch nicht. Der ganze Trauerprozess verlaufe derzeit mit viel Distanz. "Durch die Masken wird gerade den älteren Menschen viel genommen, sie verhindern es, die Gefühle der Menschen richtig zu erkennen", weiß Ulrike Beck. "Wir brauchen im Moment besonders viel Einfühlungsvermögen, dabei sind uns in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden."

Gespräche nur im kleinsten Kreis

Die Trauergespräche können in den allermeisten Fällen persönlich im kleinsten Kreis stattfinden, auch wenn es den Hinterbliebenen schwerfällt, auszusuchen, welche zwei Personen daran teilnehmen. "Wir haben es schon gehabt, dass Angehörige draußen im Auto per Videochat mitgeredet haben", erzählen Ulrike Beck und Thilo Bernoteit. Dass die Gespräche digital stattfinden, sei die Ausnahme. "Für die älteren Menschen ist das keine Option." 

Bischof Magaard interessiert auch, was die Begrenzung der Teilnehmerzahl für die Trauernden bedeutet. Ulrike Beck erläutert, dass sie die Auswahl der Personen in den Händen der Hinterbliebenen lasse, auch wenn es diesen schwerfalle. Trotzdem müssten sie darauf achten, dass die Gesamtzahl nicht überschritten werde. Jetzt, seit der zweiten Welle, erleben sie zunehmend, dass Gäste von alleine wegbleiben. Nicht nur die Ansteckungsgefahr sei es, die die Menschen zurückhalte. "Es ist auch mittlerweile mehr akzeptiert, dass das jetzt so sein muss", meint Thilo Bernoteit, "so, wie wir uns auch nicht mehr die Hände geben."

Abschied nehmen unter freiem Himmel

Sehr vermisst werde das gemeinsame Treffen nach der Bestattung, der Kaffee im Familienkreis, mit Freunden und Bekannten. „Es fehlt der Austausch, das gemeinsame Weinen und die gemeinsame Trauer“, weiß Ulrike Beck. Und die Vorstellung, dass Hinterbliebene im Anschluss an die Trauerfeier allein zurückbleiben, sei schmerzhaft für sie. „Da waren die Bestattungen, die wir im ersten Lockdown durchgeführt haben, noch anders.

Das gute Wetter hat uns geholfen, denn dadurch haben viele Menschen diese Form des Abschieds mit seiner besonderen Atmosphäre unter freiem Himmel als sehr positiv wahrgenommen. Wir mussten uns damals innerhalb kürzester Zeit auf diese Art der Trauerfeiern umstellen. Wir haben uns eine Lautsprecheranlage für die Musik und wetterfeste Dekoration und Kerzen angeschafft und sind am offenen Grab zusammengekommen", erzählt Thilo Bernoteit.

Sicherheit in schwierigen Zeiten vermitteln 

Für ihren Berufsalltag sind die Veränderungen allumfassend, berichten Ulrike Beck und Thilo Bernoteit dem Bischof. Die gilt nicht nur für die Trauerfeiern, sondern auch für die Aufgaben im Hintergrund, angefangen bei dem Komplettschutz, den sie beim Herrichten der Verstorbenen tragen müssen, bis hin zu den Tests, denen sie sich immer wieder unterziehen müssen. "Es gibt bei den Menschen viele Berührungsängste gegenüber unseren Aufgaben, auch in Zeiten ohne Corona", weiß der junge Bestattermeister Thilo Bernoteit aus Erfahrung. "Wer diesen Beruf ergreifen möchte, muss das wollen."

Wenn er von seinem Beruf erzählt, ist keinerlei Unsicherheit oder Zweifel zu bemerken. Auch die Erfahrungen, die er in der Corona-Zeit macht, ändern nichts daran. "Nach dem anfänglichen Schock gibt es jetzt eine neue Klarheit für die Familienangehörigen", sagt er – und sein Tonfall bringt zum Ausdruck, dass er es sich zu seiner Aufgabe gemacht hat, den Trauernden die nötige Sicherheit und Klarheit zu geben.

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