Porträt

Wie die Musik Brian aus dem Slum ein neues Leben schenkte

Hier spielt die Musik: Schüler von Kefah Brian beim Proben
Hier spielt die Musik: Schüler von Kefah Brian beim Proben© Bettina Rühl / epd

11. August 2015 von Timo Teggatz

Nairobi. Er wuchs im Elendsviertel auf und interessierte sich nicht für Musik. Dann hörte Kefah Brian die Pauken einer Militärkappelle – und war sofort begeistert. Jetzt unterrichtet er Kinder bei den „Ghetto Classics“ und sagt: „Wir vermitteln Hoffnung!“

Angefangen hat alles mit der kenianischen Nationalhymne und den Pauken. Kefah Brian lebte in einem Slum der Hauptstadt Nairobi und hörte die Musik erstmals live. Er war 16. Heute steht der schmale junge Mann vor einer Gruppe Jugendlicher, Notenblätter in der Hand. Er unterrichtet Musik an der Schule St. John im Elendsviertel Korogocho, wo er aufwuchs.

Dabei ist Brian kein Lehrer. Der 20-Jährige hat gerade angefangen, Musik und Philosophie zu studieren. "Musik ist einfach meine Leidenschaft", sagt er. Zu dieser Liebe fand er spät, weil er in Korogocho lebt. Unterricht in klassischer Musik ist an kenianischen Schulen keine Selbstverständlichkeit, erst recht nicht an den meist informellen Schulen in den Slums großer Städte.

Auch die Stunde in der kirchlichen St.-John-Schule ist nicht Teil des Lehrplans, sondern ein Projekt kenianischer Musikliebhaber namens "Ghetto Classics". Kinder aus dem Elendsviertel können hier lernen, klassische Instrumente zu spielen. So kam auch Brian zur Musik.

 

"Mir tat sich eine neue Welt auf"

Bis er 16 war, interessierte er sich überhaupt nicht für Musik, nicht einmal für Rap oder Hip Hop. Stattdessen war er Pfadfinder und träumte von einer Karriere bei der Armee. Doch dies änderte sich an dem Nachmittag vor vier Jahren, als er zufällig eine Militärkapelle beim Spielen der Nationalhymne hörte. Angezogen vom Klang der Pauken, ging er immer näher. "Und dann setzten erst die Trompeten ein, dann die anderen Instrumente – es war so eine wunderbare Harmonie. Mir tat sich eine neue Welt auf. Ich werde diesen Moment nie vergessen."

In Brians Augen kehrt der Glanz der damaligen Begeisterung zurück. "Von da an war ich stolz, Kenianer zu sein. Und ich wollte unbedingt lernen, Pauke zu spielen." Seine Mutter erzählte ihm von "Ghetto Classics", und wenig später ging Brian an einem Sonntagnachmittag zum ersten Mal zum Unterricht in die St. John-Schule.

Schon ein Jahr später wurde er gefragt, ob er im Nationalen Jugendorchester spielen möchte, wieder zwei Jahre später trat er dem Nationalen Konservatorium bei, in diesem Juni wurde er Mitglied des renommierten Nairobi Orchestra, dem Nationalorchester Kenias. Und das, obwohl er anfangs nicht mehr Unterricht hatte, als die beiden Stunden am Sonntagnachmittag. "Aber ich wollte dieses Instrument ja unbedingt lernen", sagte Brian.

Er lernte über Internet-Videos

So oft er konnte und genug Geld hatte, ging er in ein Internetcafé und schaute sich in einfachen Videos an, wie die renommiertesten Orchester der Welt musizierten: die Wiener Philharmoniker, die New Yorker, die Londoner. Er fing an, sich neben der Pauke auch für das Becken zu interessieren. "Wie dieses Instrument gespielt wird, habe ich vermutlich durch ein Video des BBC-Symphonie-Orchesters gelernt."

Neben Brian unterrichten bei den "Ghetto Classics" zehn weitere Freiwillige Musiktheorie und unterschiedliche Instrumente. Viele der Instrumente sind eine Spende der Deutschen Botschaft Nairobi, darunter Geigen, Celli, Trompeten, Klarinetten und Flöten. Etwa 40 Kinder und Jugendliche erhalten hier Unterricht.

Viele leben in ähnlich schwierigen Verhältnissen wie Kefah Brian: Der Musiker wohnt mit seinen Eltern, fünf Brüdern und fünf Schwestern zusammen. Weil der Vater arbeitslos ist und kaum in der Lage, die Familie zu ernähren, konnte Brian oft nicht zur Schule gehen, für die Schulgebühren war kein Geld da. Trotz der vielen Fehlzeiten schaffte er sein Abitur, so dass er jetzt studieren kann. "Das ist alles sehr schnell gegangen. Ich habe mehr erreicht, als ich je erwartet hätte."

Warum die Lehrer nicht nur Musik vermitteln

Etwas von dem, was er bekommen hat, möchte er zurückgeben. Deshalb unterrichtet er jeden Sonntag in der St.-John-Schule. Vielen der anderen Lehrer geht es ähnlich. Sie haben sich hochgearbeitet und wollen anderen helfen, ebenfalls ihren Weg zu finden. Dabei geht es nicht nur um die klassische Musik. "Draußen im Slum ist es nicht einfach", sagt Brian. "Da gibt es Drogen, Diebstahl und den ganzen Rest. Aber wenn Du die jungen Leute dazu kriegst, Musik zu machen, werden sie sich auf diese Welt der Töne und Rhythmen konzentrieren."

Er ist davon überzeugt, dass sie den Kindern und Jugendlichen nicht nur Musik beibringen. "Wir vermitteln ihnen Fähigkeiten, die sie auch sonst im Leben brauchen. Sie müssen sich disziplinieren, sie müssen lernen, mit anderen Leuten zusammen zu arbeiten." Am wichtigsten ist ihm aber noch etwas anderes, er hat es selbst in seinem Leben erfahren: "Wir vermitteln den jungen Leuten im Slum, dass es selbst in dieser Welt noch Hoffnung gibt."

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