Landespastor Naß: „Abschiebehaft überschreitet ethische Grenzen”
17. September 2018
Der schleswig-holsteinische Landespastor Heiko Naß hat bei einem Bürgergespräch in Glückstadt (Steinburg) am Montagabend die geplante Abschiebehaft für Flüchtlinge der drei Nord-Länder Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern erneut abgelehnt.
„Eine Einrichtung, die billigend Retraumatisierungen in Kauf nimmt, überschreitet ethische Grenzen”, sagte Naß vor Gästen aus Politik und Kirche. Trotzdem wolle die Diakonie Schleswig-Holstein vor Ort bei der Begleitung und Betreuung der Abschiebehäftlinge helfen.
Regeln für Durchsetzung - aber nicht mittels Haft
Landespastor Naß stellte nicht infrage, dass ein Staat Regeln für die Durchsetzung der Ausreise nach einem abgelehnten Asylverfahren treffen muss.
„Die Frage ist, ob die schärfste Waffe unseres Rechtsstaates, nämlich einem Menschen sein Recht auf Freiheit zu entziehen, bei einem erfolglosen Migrationsversuch greifen sollte.” Schließlich gehe es in diesem Fall nicht um Gefährder und verurteilte Straftäter.
Die Einrichtung einer Abschiebehaftanstalt sei weder verhältnismäßig in der Anwendung der Mittel noch sachgerecht im Erreichen des Zieles, so der Landespastor.
Mehr Erfolg durch Beratung
Die Förderung der freiwilligen Rückkehr, wie sie etwa die Diakonie bereits praktiziert, hält Naß für das geeignetere und humanere Mittel zur Durchsetzung der Ausreise.
Von den in 2016 vollzogenen 2.956 Ausreisen geschahen 1994 auf dem Weg der freiwilligen Rückkehr, so Naß. Für 2017 seien die Zahlen noch günstiger: Von den 2.106 Ausreisen geschahen 1.629 freiwillig, das heißt von Nichtregierungsorganisationen und Behörden unterstützt und gefördert.
Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg hatten sich im März in Schwerin auf die Errichtung einer gemeinsamen Abschiebehaft geeinigt.
Die Innenminister der drei Länder hatten eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet, nach der die Einrichtung 2020 in Betrieb gehen soll. Die schleswig-holsteinische Jamaika-Koalition hatte den Gesetzentwurf in der vergangenen Woche gebilligt. Den Planungen zufolge werden insgesamt 60 Plätze zur Verfügung stehen, je 20 pro Bundesland.