Seeleute aus Ukraine und Russland verbindet große Trauer
03. März 2022
Russland und die Ukraine sind Seefahrer-Nationen. Die Menschen beider Länder arbeiten Seite an Seiten auf den Schiffen, doch zuhause tobt der Krieg. Was sie eint, ist die Trauer, berichtet die Seemannsmission.
„Russen und Ukrainer gehören nach den Männern von den Philippinen weltweit zu den größten Gruppen unter den Seeleuten, sie arbeiten seit vielen Jahren zusammen“, sagte der Bremerhavener Seemannsdiakon Thomas Reinold. Das funktioniere auch nach wie vor. „Aber die Trauer unter ihnen ist groß – und zwar auf beiden Seiten.“
„Alle waren vollkommen fertig“
Reinold arbeitet bei der evangelischen Seemannsmission im „Welcome“ am Containerhafen in Bremerhaven, an den deutschen Küsten ist dies nach Hamburg der zweitgrößte Treffpunkt für Seeleute aus aller Welt. „Hier sind oft Seeleute aus der Ukraine und Russland zu Gast“, sagte Reinold. Erst vor ein paar Tagen sei er als Seelsorger zu einem Bordbesuch auf ein Schiff mit ukrainischer Besatzung gerufen worden: „Der Kapitän hat um den Besuch gebeten, alle waren vollkommen fertig.“
Normalerweise neigten die Seeleute aus der Ukraine nicht zu Gefühlsausbrüchen. „Aber jetzt haben sie große Sorgen und Angst um ihre Familien. Manche machen sich auch Vorwürfe und fragen sich: Warum bin ich hier und nicht in meiner Heimat?“ Trotzdem sei spürbar, dass Russen und Ukrainer an Bord weiter zusammenarbeiten wollten. „Die Brüderlichkeit zwischen ihnen ist groß, die Angst vor der Entzweiung aber mindestens genauso.“
Weg in die Heimat ist abgeschnitten
Eine Heimkehr ist für ukrainische Seeleute derzeit schwierig. „Inzwischen ist auch für russische Seeleute durch den Abbruch der Flugverbindungen eine Heimkehr nach Vertragsende kaum noch möglich“, hieß es aus der Zentrale der Deutschen Seemannsmission in Hamburg.
Es sei zu befürchten, dass weitere Seeleute an Bord hängen blieben, weil ihre Ablösung nicht anreisen könne. Wie Reinold sagte auch Matthias Ristau, Generalsekretär der Deutschen Seemannsmission: „Auf vielen Schiffen arbeiten russische und ukrainischeSeeleute zusammen, bisher ohne große Spannungen.“