Seemannsmission und Bischöfin für Mittelmeer-Rettungseinsätze
24. Januar 2019
Die Mission "Sophia" war dazu gedacht, die Schleuserkriminalität im Mittelmeer zu bekämpfen, doch von Anfang an war sie auch an der Rettung von Flüchtlingen beteiligt. Deutschland hat nun angekündigt, keine weiteren Schiffe für die Mission zur Verfügung zu stellen, was der Verbands Deutscher Reeder (VDR) kritisierte. Die Deutsche Seemannsmission und Bischöfin Kirsten Fehrs schließen sich dem an und fordern professionelle Rettungseinsätze.
„Wir brauchen dringend koordinierte und professionelle Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer“, sagt Bischöfin Kirsten Fehrs. „Auch wenn die Mission Sophia ursprünglich nicht zur Rettung von Flüchtlingen begründet worden war, hat sie faktisch Tausende von Menschenleben gerettet.“ Bischöfin Fehrs setzt sich in diesem Jahr als „Stimme der Seeleute“ für die Seemannsmission ein. Auf See sei der „Näheste“ der Nächste.
DSM-Präsidentin Schlaich: "Zustände wie vor einigen Jahren dürfen sich nicht wiederholen"
Der Rückzug der Deutschen Marine aus der Mission „Sophia“ im Mittelmeer führt dazu, dass noch weniger Schiffe zur Verfügung stehen, um Flüchtlinge in Seenot zu retten. Dann sind meist wieder die Handelsschiffe die einzigen Schiffe in der Nähe und damit nach internationalem Seerecht zur Rettung verpflichtet. „Wir begrüßen die klaren Worte“, sagte DSM-Präsidentin Clara Schlaich in Hamburg, „die EU muss eine Lösung finden für die menschlich und politisch so wichtige Frage der Bootsflüchtlinge im Mittelmeer. Zustände wie vor einigen Jahren dürfen sich nicht wiederholen“ – sie seien für beide Seiten, Flüchtlinge und Seeleute, untragbar.
Seemannspastor: Rettungseinsätze sind eine große Belastung für Seeleute
Das führt auch Seemannspastor Matthias Ristau aus. „Für die Seeleute sind solche Rettungseinsätze eine große Belastung, vor allem, weil die hochbordigen Frachtschiffe für diese Art der Rettung kaum geeignet sind.“ Wenn die schwierige Rettung gelingt, sei es belastend und inakzeptabel, wenn kein Hafen bereit ist, die Geretteten aufzunehmen. Mitarbeitende der Seemannsmission hören laut Ristau immer wieder von Seeleuten, wie es sie emotional mitnimmt, wenn die Rettung sich schwierig gestaltet, weil ihr Schiff einfach viel zu hoch ist, oder wenn vor ihren Augen Menschen ertrinken. Ristau kritisiert: „Die Seeleute stehen in dem Dilemma entgegen internationalem Seerecht einfach vorbeizufahren oder als Schlepper von Behörden wie z.B. in Italien kriminalisiert zu werden.“
Reeder-Verband: "Für die Aufnahme von Dutzenden oder gar Hunderten Menschen sind die Crews nicht ausgebildet"
Der Verband Deutscher Reeder hatte am Mittwoch gefordert, dass die EU jetzt dringend eine Lösung in der Frage der Flüchtlingsrettung finden müsse: „Die deutschen Reeder werden ihrer Verantwortung gerecht und erfüllen die Vorgaben des internationalen Seerechts, um Menschen aus Seenot zu retten, wenn sie ihnen auf dem Mittelmeer begegnen oder von den zuständigen Stellen hierzu aufgefordert werden.“
Die europäische Staatengemeinschaft sollte laut des Verbands aber keinesfalls erneut den Druck auf die Handelsschifffahrt erhöhen, indem sie sich einfach aus der Aufgabe zurückzieht. „Für die Aufnahme von Dutzenden oder gar Hunderten Menschen sind die Crews nicht ausgebildet und Frachtschiffe nicht ausgerüstet“, sagte der VDR-Geschäftsführer Ralf Nagel. Dem schließt sich die Deutsche Seemannsmission an. Deshalb muss es eine politische Lösung geben, bei der die Rettung der Menschen auf den Booten gemeinsam organisiert wird.