Lutherische Kirche in Russland

Vor 20 Jahren wurde die Petrikirche in Hamburgs Partnerstadt Sankt Petersburg wiedereröffnet

Die Evangelische St. Petrikirche in Sankt Petersburg, Russland. Zu Sowjetzeiten wurde das Gotteshaus mit dem Spitznamen Schwimmbadkirche als Schwimmhalle genutzt
Die Evangelische St. Petrikirche in Sankt Petersburg, Russland. Zu Sowjetzeiten wurde das Gotteshaus mit dem Spitznamen Schwimmbadkirche als Schwimmhalle genutzt© epd-bild / Lothar Deeg

06. November 2012 von Doreen Gliemann

Sankt Petersburg. Einst war die Petrikirche an Petersburgs Prachtboulevard, dem Newski Prospekt, die Hauptkirche der deutschen Lutheraner in Russland und ihr Bischofssitz. 1909 hatte die Gemeinde stolze 15.000 Mitglieder, aber dann kam die Revolution und die Religion wurde als "Opium fürs Volk" zum Feind erklärt. Die Petrikirche wurde an Heiligabend 1937 geschlossen, ihre letzten Pastoren kamen im Gulag um. Erst vor 20 Jahren feierten Christen in Hamburgs Partnerstadt wieder ihren ersten Gottesdienst.

Das Gotteshaus hatte bis dahin eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Die Kirche diente jahrelang als Lagerhalle für Gemüse und Theaterdekorationen, 1962 baute die Leningrader Ostsee-Schifffahrtsgesellschaft dort ein 25-Meter-Becken ein. Viele ältere Petersburger erinnern sich noch an das ungewöhnliche Hallenbad. Zu Sowjetzeiten waren Lagerhallen, Schlittschuhbahnen oder Fabriken in Kirchen an der Tagesordnung.

Petrikirche: "Symbol des russischen Luthertums"

Der erste Gottesdienst nach dem Zerfall der Sowjetunion in der Kirche fand am Reformationstag 1992 statt. Am Rande des leeren Schwimmbeckens unter dem Zehn-Meter-Turm las Frank Lotichius, der erste Pastor der wiedergeborenen Petrigemeinde, die Predigt. Die Gemeinde saß auf dem abgedeckten Schwimmbecken, das aus statischen Gründen nicht herausgerissen werden konnte. Das Bassin im Bauch der Kirche blieb als mahnende Erinnerung erhalten.

Heute nennt Lotichius, der mittlerweile Gemeindepastor in Schleswig-Holstein ist, die Kirche "das Symbol des russischen Luthertums", das zurückzuerkämpfen damals erste Pflicht gewesen sei. Die Wiedergeburt der Gemeinde wurde möglich, als Gorbatschows Perestroika an Fahrt gewann. 1988 wurde erstmals seit 50 Jahren im Leningrader Vorort Puschkin wieder ein lutherischer Gottesdienst gefeiert. Um die Rückgabe der Petrikirche entbrannte zunächst ein heftiger Streit. Der Schwimmbad-Direktor weigerte sich, das Gebäude "den Faschisten zu überlassen", wie es in der "Leningrader Abendzeitung" im Januar 1991 hieß.

Eine der wenigen, die sich noch heute an die alte Petrikirche erinnern, ist die Russlanddeutsche Beatrice Gordina-Lieth. In einem Erinnerungsgedicht schreibt sie über das Jahr 1937: "Als kamen eiserne Genossen / Mit ihrer ungeheuren Macht. / Die Petrikirche war geschlossen, / zerstört, vernichtet ihre Pracht." Gordina-Lieth, die fünf Jahre in sibirischer Verbannung lebte, fügt hinzu: "Da kam der Tag, ein echtes Wunder. / Wer konnte hoff´n auf solches Glück? / Als Petrikirche, schwer verwundet, / Man gab den Gläubigen zurück." 

Der Pastor hatte sein Büro in der ehemaligen Sauna

Wer bei der Wiedereröffnung der Kirche dabei war, erinnert sich an ambivalente Gefühle. Tatjana Byrjowa, Direktorin der deutschen Peterschule, erinnert sich: "Wir waren froh und traurig zugleich. Die Schwimmbad-Luft war feucht und schwer. Der Pastor hatte sein Büro dann in der ehemaligen Sauna. Ich habe mich oft gefragt, wie er da arbeiten konnte - da war es stickig, da bekam man keine Luft."

In den vergangenen 20 Jahren hat die Gemeinde viel durchgemacht - Spaltungen, Streit, finanzielle Durststrecken. Auch jetzt befindet sich die Kirche in einer schwierigen Phase: Nach dem Weggang von Matthias Zierold ist es nicht gelungen, einen neuen ständigen Pfarrer aus Deutschland zu entsenden. Bis September 2013 wird es mehrere kurzzeitige Vertretungen geben. Gerhard Hechler aus Hessen-Nassau, der jetzige Vakanz-Geistliche, ist sich aber sicher: "Auch das wird die Gemeinde meistern."

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