Sellering besucht Asylbewerberheim - Pastor wirbt um Hilfe
11. Oktober 2012
Wolgast. Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hat am Mittwoch spontan das in den vergangenen Wochen mehrfach attackierte Asylbewerberheim im vorpommerschen Wolgast besucht. Der Regierungschef wollte sich dabei selbst ein Bild von der Lage dort machen.
Sellering hatte sich nach Angaben eines Regierungssprechers am Vortag zum Besuch des Heims entschlossen. Während der knapp einstündigen Visite habe der Ministerpräsident mit der Leitung des Heims gesprochen, sich die Räumlichkeiten angesehen und auch das Gespräch mit Bewohnern gesucht.
Sellering: "Es ging mir darum, mir selbst ein Bild zu machen"
"Es ging mir darum, mir selbst ein Bild zu machen", erklärte der Regierungschef im Anschluss. Er habe den Eindruck gewonnen, dass in der vorpommerschen Stadt eine gute Lösung gefunden worden sei und es in Wolgast auch viel Unterstützung für die Asylbewerber gebe. Allerdings sei ihm auch berichtet worden, dass es vereinzelt Ablehnung und Fremdenfeindlichkeit gebe. "Für die NPD ist die Unterkunft ein Symbol, diese Auseinandersetzung müssen wir führen", sagte Sellering.
Auf das Heim war am vergangenen Freitag ein Anschlag verübt worden. Unbekannte Täter hatten dabei einen Knallkörper auf das Gebäude geworfen, der an einem Balkon und der Hausfassade Schäden verursachte. Personen wurden nicht verletzt. Bereits im September war der Giebel des Wohnheimes mit einem NPD-Slogan besprüht worden.
"Die Menschen, die so denken, sind hier eine ganz kleine Minderheit", sagte der Wolgaster Pastor Jürgen Hanke am Wochenende im Erntedankgottesdienst. Und im Grunde seien das Leute am Rande der Gesellschaft, die selbst Hilfe bräuchten, so Hanke weiter. Die Kirchengemeinde hatte die Asylbewerber gemeinsam mit den Katholiken und Freikirchlichen der Stadt zum Erntedank- und Begrüßungsgottesdienst eingeladen.
Pastor wirbt um Hilfe und Verständnis: "Asyl ist ein Menschenrecht"
Unter den insgesamt rund 400 Besuchern in den Kirchenbänken warb der Pastor vor allem um Hilfe für die Asylbewerber. "Asyl ist ein Menschenrecht und eine Selbstverständlichkeit. Es soll uns keine Last sein, diese Menschen aufzunehmen, sondern ein Privileg", so Hanke. Europa lebe im Überfluss und müsse lernen zu teilen.
In dem Wohnheim in einer Plattenbausiedlung sind derzeit 75 Asylbewerber aus der Türkei, Russland, Afghanistan, Ghana und dem Iran untergebracht. Sie leben seit Ende August in der vorpommerschen Stadt.