„Gott nahe zu sein ist mein Glück”
01. Januar 2014
Dresden/Schwerin. Landesbischof Gerhard Ulrich hat die Predigt beim Neujahrsgottesdienst gehalten, den das ZDF am Mittwochmorgen live aus der Dresdner Frauenkirche übertragen hat. Mit der Feier in dem wiedererrichteten Barockbau wurde zugleich die diesjährige Reihe der Fernsehgottesdienste des Senders eröffnet. Sie stehen 2014 unter dem Motto des evangelischen Themenjahres "Reformation und Politik" der bis zum 500. Reformationsjubiläum 2017 laufenden Lutherdekade. Der ZDF-Neujahrsgottesdienst griff die biblische Jahreslosung für 2014 "Gott nahe zu sein ist mein Glück" (Psalm 73, 28) auf.
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„Du musst es nicht machen, dein Glück. Hör auf, immer mehr Glück aus dir selbst herausholen zu wollen – und dabei auch immer mehr von anderen Menschen zu fordern, die dich glücklich machen sollen. Das Glück findest du nicht durch einen immer schnelleren Lauf im Hamsterrad! Hör auf mit diesem Doping! Bleib stehen; lauf nicht weg; sei nahe bei dir und deinen Mitmenschen; sei nahe bei Gott! Glücklich ist der Mensch, der nicht alles von sich selbst erwartet - Erfolg, Größe, Ansehen. Glücklich der Mensch, der sich auf Gott verlässt”, sagte Bischof Ulrich.
Oft sei Glück das, was am nächsten liegt. „Nähe, nach der ich mich sehne; dass einer auf mich sieht und Acht hat; dass ich einem anderen lieb und wert bin mit meinen Schwächen und Stärken; dass ich nicht perfekt sein muss, nicht funktionieren, nicht aller Welt gefallen muss: das ist Glück, das die Zeit leicht macht, das Jahr beschwingt”, so Ulrich.
„Ich denke auch an die Fliehenden, Vertriebenen, Hungernden der Welt”
Gott sei nicht nur bei denen, die vom Glück begünstigt sind, betonte Ulrich. „Gott ist nahe bei den Leidenden, bei den Terroropfern dieser Tage und denen, die Gewalt leiden in Syrien, im Südsudan. Ich denke an jene, die die Despoten und ihre Machtgelüste satt haben. Ich denke an die Fliehenden, Vertriebenen, Hungernden der Welt und an die Menschen auf dem Mittelmeer zwischen Afrika und Europa: Flüchtlinge, die sich lieber der Lebensgefahr aussetzen und dubiosen Schleppern anvertrauen als in der Heimat zu bleiben, wo Diktatoren sie mit Gift besprühen, wo sie verfolgt und bedroht sind an Leib und Seele wegen ihres Glaubens. Und dann kommen sie, wenn sie Glück haben und nicht zuvor in den Fluten ertrinken, an in Europa – und finden die Türen versperrt! Eine Festung mit Stacheldraht und nun auch mit einem Hightech-Programm, das Flüchtlinge aufspürt. Wie viele Menschen müssen noch sterben, bevor wir aufwachen, bevor wir eingreifen und die Ursachen beseitigen von Flucht und Hunger. Bevor wir begreifen, dass unser Streben nach Glück leider allzu oft auf Kosten der Ärmsten geht.”
Landesbischof Ulrich rief die Gläubigen zur Umkehr zu Gott und dem Leben auf. Gerade 2014, 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges, der die ganze Welt ins Unglück stieß. „Wo Gott nahe ist, da liegt Freiheit nahe”, so Ulrich. Das umfasse auch die Freiheit, Leben und Reichtum zu teilen, Frieden statt Waffen zu exportieren, und gastfreundlich mit denen zu sein, die um ihr Leben fürchten.
„Glückssucher sind wir – voller Sehnsucht auf Gottnähe. Gott wird auf uns zu kommen – Jesus weiß, wie er hinein kommt in unser Leben, er kennt Zeit und Gelegenheit”, sagte Ulrich. Es komme darauf an, auf die Spuren von Gottes Gegenwart bei uns achten: „Es ist unser Glück, wenn wir offen sind für den, der die Friedfertigen liebt und die Schwachen in sein Herz schließt; der sagt, dass das Reich Gottes angebrochen ist und dass Gottes Verheißung uns trägt und unsere Zeit.”